Einwohner flüchten aus Timbuktu

Seit vorgestern kontrollieren die Islamisten den ganzen Norden von Mali. In der Stadt Timbuktu haben die Islamisten bereits einen Teil der weltbekannten Mausoleen zerstört, was für internationale Empörung gesorgt hat. Doch gelitten haben unter den Kriegswirren nicht nur Kulturdenkmäler, sondern vor allem auch die Bevölkerung.

Morgenjournal, 13.7.2012

Zwei Drittel geflüchtet

Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" hat ein Team ins Krankenhaus von Timbuktu entsandt. Seit das fünfköpfige Medizinerteam von "Ärzte ohne Grenzen" vor drei Monaten in Timbuktu eingetroffen ist, ist die Stadt immer wieder von unterschiedlichen Gruppen kontrolliert worden - einmal waren es die säkularen Tuareg-Rebellen, dann wieder die Islamisten, sagt Marie No, die Koordinatorin des Hilfseinsatzes. Und wie ist die Lage in Timbuktu jetzt? "Gespannt, aber ruhig. Von Zeit zu Zeit gibt es kleinere Scharmützel zwischen verschiedenen bewaffneten Gruppen, aber große Angriffe oder heftige Kämpfe erleben wir nicht."

Im Spital von Timbuktu hätten die Ärzte vor allem mit Infektionen und Hautkrankheiten zu kämpfen, Patienten mit Kampfverletzungen habe es bisher nur zehn gegeben, so Marie No. Trotzdem hätten die Menschen Angst, dass die Gewalt noch eskalieren könnte, erklärt die Hilfskoordinatorin, zwei Drittel der Einwohner von Timbuktu seien bereits geflüchtet. Und für die, die geblieben sind, ist das Leben schwierig geworden.

Die Versorgung ist zu einem großen Teil unterbrochen. Einige Geschäfte gibt es noch, aber viele haben zugesperrt. Und auch das Bankensystem funktioniert nicht mehr, das heißt, die Menschen bekommen ihre Gehälter nicht mehr regelmäßig. Auch die Kraftstoff-Lieferungen sind unterbrochen, und das hat zur Folge, dass der Strom ausfällt oder dass es Probleme mit der Versorgung mit Wasser gibt.

Flüchtlingen droht Hunger und Durst

Doch auch den Flüchtlingen geht es nicht unbedingt besser. Einige sind in den Süden von Mali gegangen, doch 150.000 sind bereits in den Nachbarländern Niger, Burkina Faso und in Mauretanien: "Am heikelsten ist die Lage in Mauretanien. Dorthin sind mehr als in die anderen Länder geflüchtet, aber die Bedingungen sind dort schlechter, es ist schwierig, alle zu versorgen. In dieser Gegend ist Wasser das große Problem, das ist ja größtenteils Wüste. Und es ist extrem schwierig, genügend Wasser in akzeptabler Qualität dorthin zu bringen."

Doch das allergrößte Problem, so Marie No von "Ärzte ohne Grenzen", könnte erst in den nächsten Monaten bevorstehen: "In der Sahelzone haben wir immer schon Hunger gehabt. Auch derzeit gibt es wieder einige Zonen, wo Unterernährung akut ein Problem ist: einige Gebiete in Tschad, in Mali und in Mauretanien. Und Flüchtlinge sind natürlich besonders gefährdet: Sie sind völlig darauf angewiesen, dass sie von Hilfsorganisationen mit Lebensmitteln versorgt werden. Aber wir hoffen natürlich, dass sich das Ganze nicht zu einer echten Hungerkrise zuspitzt."