Francis Picabia in der Kunsthalle Krems
Francis Picabia ist einer der Wegbereiter der Moderne in der bildenden Kunst. Bisweilen stand er allerdings im Schatten seiner berühmten Zeitgenossen Picasso und Duchamps. Ab morgen widmet ihm die Kunsthalle in Krems eine Retrospektive, die es in sich hat.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 13.7.2012
Satyr mit dem Pinsel, Funny Guy, Chamäleon, Pionier der Postmoderne und der Pop-Art - auf vielfältige Weise wird der 1879 in Paris geborene und 1953 verstorbene Künstler Francis Picabia im Katalog zur großen Retrospektive in der Kunsthalle Krems beschrieben. Und die Ausstellung mit 180 Werken macht die Probe aufs Exempel. Sie zeigt seine Chamäleon-artige Wandlungsfähigkeit von den frühen impressionistischen und fauvistischen Arbeiten, über die dadaistischen und surrealistischen Phasen bis hin zu überhöhten, ironisch gebrochenen Frauenporträts und die letzte Wendung wieder hin zur Abstraktion.
Seine Collagen und Maschinenbilder als Freund von Duchamps und Picasso sind wohl am bekanntesten, aber wie viel mehr ist in der Schau in Krems zu entdecken. Wenn man durch die zwölf Säle der Ausstellung gehe, habe man den Eindruck, durch eine Gruppenausstellung mit mindestens sieben Künstlern zu gehen, sagt Hans-Peter Wipplinger, der Kurator der Ausstellung und Direktor der Kunsthalle. "Man geht aber zugleich auch durch die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, das heißt, wir nehmen alle '-ismen' mit und man sieht auch, wie viele Künstler nach Picabia Anknüpfungspunkte gefunden haben."
Sich neu erfinden
"Was ich liebe, ist erfinden, ausdenken, jeden Augenblick aus mir selbst einen neuen Menschen machen, um diesen dann zu vergessen, alles zu vergessen" sagte Francis Picabia einmal, der auch Dichter war und mit Apollinaire und Breton befreundet war. Aber er ließ sich auf keinen Stil festlegen, trat aus allen Bewegungen immer schnell wieder aus.
Picabia, der von seiner Familie her immer wieder Erbschaften machte, war ein Lebemann, der zwischen Paris, der Côte d'Azur und Amerika hin und her pendelte. Der Freund und Weggefährte von Picasso und Duchamps sammelte Luxusautos und Yachten, dann wieder musste er seine Bilder versteigern lassen, um seine Schulden zu bezahlen.
"Columbus der Kunst"
Die Ausstellung in Krems zeigt auch seine Frauenporträts aus den späten 1930er Jahren, die er nach Modezeitschriften und Softpornovorlagen fast hyperrealistisch malte und die man auf den ersten Blick für eine Leihgabe aus dem Kitschmuseum hält.
Ausstellungmacher Hans Peter Wipplinger meint dazu, wenn man die Quelle und Picabias Bild vergleiche, fall einem auf, wie er gearbeitet habe: "Unterschiedliche Blickwinkel, unterschiedliche Ausschnitte, Verfremdungen der Farben, Lichteinfälle, die er neu interpretiert hat."
Eine Entdeckung oder eine Neubewertung eines Künstlers steht also in Krems an, der wie kaum ein andere die verschiedensten Stile und Stilbrüche im 20. Jahrhundert verkörpert, und den Hans Arp einmal als "Columbus der Kunst" bezeichnet hat.
"Alle erzählen Euch von der Malerei, ich erzähle Euch vom Leben. Man muss verrückt sein, man muss den Boden 'Mensch' unter den Füßen verlieren können, um in der Luft zu schweben und mit dem Leben Liebe zu machen", sagte Francis Picabia einmal. Schöner könnte man seine künstlerischen Luftsprünge nicht beschreiben.
Service
Ö1 Club-Mitglieder bekommen in der Kunsthalle Krems den Eintritt ermäßigt (EUR 2,-).
Kunsthalle Krems - Francis Picabia