Belli-Buch "Republik der Frauen"

Gioconda Belli ist eine der populärsten Autorinnen Lateinamerikas, die mit den Romanen "Bewohnte Frau", "Tochter des Vulkans" und ihrer Autobiografie "Die Verteidigung des Glücks" bekannt geworden ist. Nun hat sie im Zuge einer Deutschlandtournee ihren aktuellen Roman "Die Republik der Frauen" vorgestellt.

Mittagsjournal, 16.7.2012

"Von 399 Staatschefs sind nur neun Prozent Frauen, und in allen Parlamenten der Welt sitzen nur 13 Prozent Frauen.
Dieses Buch beschreibt daher das Experiment, in dem Frauen in einem kleinen, korrupten Land die Macht übernehmen."

Der neue Roman der nicaraguanischen Autorin Gioconda Belli "Die Republik der Frauen" setzt sich mit dieser Ungleichheit auseinander. In dem kleinen fiktiven Land Faguas, das in vieler Hinsicht Nicaragua ähnelt, ergreift eine Gruppe von Frauen die Macht. Sie schickt die Männer für ein halbes Jahr nach Hause, damit sie kochen, die Windeln ihrer Babys wechseln, bügeln. Einigen Männern gefällt das gar nicht, sie verüben schließlich ein Attentat auf die Präsidentin Viviana.

Gewalt an Frauen ist dabei ein essentielles Thema im Roman und tatsächlich in Nicaragua stark verbreitet. Der jetzige nicaraguanische Präsident selbst, Daniel Ortega, ist von seiner Stieftochter wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt worden. Gioconda Belli: "Ich denke, zwei Dinge sind gravierend: erstens einen Präsidenten zu haben, der sich an seiner Tochter vergriffen hat, was einer Legitimation nahe kommt, da er straflos blieb, und auf der anderen Seite die politische Gewalt, die auch straflos bleibt."

Mit politischer Gewalt spielt die Autorin auf Wahlbetrug und Korruption an, die Regierungskritiker Ortega vorwerfen. Die 63-jährige Gioconda Belli, die heute abwechselnd in Nicaragua und Los Angeles lebt, schloss sich als junge Frau der revolutionären sandinistischen Bewegung gegen das Somoza-Regime an. Die Sandinisten brachten nach erbitterten Kämpfen die über 40 Jahre währende Familiendiktatur Somozas Ende 1978 zum Einsturz. Auch Daniel Ortega ging aus der Revolution hervor. Die Enttäuschung sei groß, dass Ortega jetzt selbst einen eher autoritären Kurs fährt, sagt Belli.

"Es ist sehr traurig, einerseits eine rechte Diktatur zu sehen und andererseits jemanden, der einst das Symbol des revolutionären Prozesses war, in den man so viel Hoffnung setzte. Ich habe so viele Menschen sterben sehen, so viele Freunde verloren, die sich jetzt im Grab umdrehen würden. So sehr leidet man, es ist sehr hart. Aber genauso sehe ich, dass die Geschichte lang ist. Ich versuche nicht verbittert zu sein, sondern optimistisch."

Weitere Misstände werden im Roman aufgegriffen: Probleme, die auch weit über die Grenzen Nicaraguas hinaus gehen, wie Korruption, Menschenhandel, die Kluft zwischen Arm und Reich.
Der Roman drückt dabei nicht auf die Tränendrüse, sondern ist mit viel Witz und Humor geschrieben. Zum Beispiel hält sich ein oberer Richter in dem tropischen Land Faguas einen Pinguin im Haus, um die Dekadenz auf die Spitze zu treiben. Die Geschichte soll sogar wirklich passiert sein, so Belli.

"Ich glaube, den Roman, den ich jetzt geschrieben habe, hat einen sehr nicaraguanischen Charakter. Er will nichts vorschreiben, sondern einfach etwas mit der Phantasie spielen. Denn ich glaube, dass der militante Feminismus seinen Sinn für Humor verloren hat."