Museumsboom und Wirtschaft

Oft bemühen sich Kulturveranstalter, mit der berühmten Umwegrentabilität zu argumentieren, wenn sie zum Beispiel Subventionskürzungen abwenden wollen. Dass diese Umwegrentabilität sich nicht im Peanuts-Bereich bewegt, beweist jetzt eine Studie aus Berlin: Zahlen untermauern, wie sehr Kultur ein Wirtschaftsfaktor ist.

Raffaela Schaidreiter

Die Zeiten sind vorbei, in denen die sogenannte Hochkultur nur schmalen Eliten kümmerte. Das Wiener Belvedere zum Beispiel meldet Jahr für Jahr einen neuen Besucherrekord und die Tate Modern in London, die ist so populär, dass sie aus allen Nähten platzt und bald erweitert wird.

Der Museums- und Ausstellungsboom sorgt auch in Berlin für hohe Besucherzahlen und steigende Umsätze. Soweit nichts Ungewöhnliches. Aber jetzt zeigt eine Studie anhand konkreter Zahlen, wie sehr die Wirtschaftsleistung einer Stadt wie Berlin von Kultureinrichtungen profitieren kann. Noch nie sind irgendwo so detaillierte Zahlen erhoben worden, wie viel die vielbeschworene Umwegrentabilität eigentlich ausmacht. Nämlich viel mehr, als man denkt - und das nicht nur bei absoluter Mainstreamkultur.

Wie ein lebhafter Kulturbetrieb einer Stadt mehr Touristen bringt, das ist gerade in Berlin freilich auch ein zweischneidiges Schwert: Berlins Mitte war bis vor wenigen Jahren ein Künstlerviertel - arm, aber sexy, und vergleichsweise billig. Jetzt flüchten die Künstler von dort, denn die Gegend ist teuer und rasend schick geworden. So nehmen Kulturinstitutionen ungewollt die Rolle der Gentrifizierer ein; wohl unvermeidliche eine Folge der Kommerzialisierung von allem und jedem, wie wir sie momentan erleben. Und sind solche Institutionen einmal ein Wirtschaftsfaktor, dann stehen sie unter Zugzwang: Viele programmieren dann fast nur mehr die ohnehin schon berühmten Namen, weil sie auf Nummer sicher gehen wollen.