Neuer Prozess gegen Timoschenko
Seit einem Jahr sitzt die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko in Haft - wegen Amtsmissbrauchs. Ab heute soll die an einem schweren Rückenleiden erkrankte Erzfeindin von Präsident Janukowitsch wieder vor Gericht stehen, diesmal wegen Steuerhinterziehung. Wie schon der erste Prozess gilt auch dieser zweite als politisch motiviert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.7.2012
Politische Kampagne
Das Verfahren wurde mehrfach vertagt, weil Timoschenko zu krank war, um teilzunehmen. Ob sie heute vor Gericht erscheint, ist noch offen. Drei Monate vor den Parlamentswahlen setzt unterdessen die ukrainische Regierung zu einer politischen Kampagne an, die sich nicht nur gegen Timoschenko, sondern auch gegen die deutschen Ärzte richtet, die sie behandeln.
Streit um Behandlung
Sieben Jahre Haft muss Julia Timoschenko, die Führungsfigur der Orangen Revolution in der Ukraine wegen Amtsmissbrauch während ihrer Funktion als Ministerpräsidentin abbüßen. Nun könnten weitere zwölf Jahre Gefängnis dazu kommen. Timoschenko soll in der Zeit, als sie noch eine einflussreiche Unternehmerin war, Steuern hinterzogen haben. Noch ist offen, ob die an einem Bandscheibenvorfall leidende Oppositionspolitikerin vor dem Gericht im ostukrainischen Charkow erscheinen kann. Die ukrainische Gesundheitsministerin ließ jedenfalls vor einigen Tagen verlauten, die medizinische Behandlung von Timoschenko sei erfolgreich verlaufen und abgeschlossen. Die deutschen Ärzte jedoch, die Timoschenko betreuten, warnen davor, die Politikerin jetzt vor Gericht zu zitieren. Sie brauche weiterhin Ruhe, sagt der Leiter des Berliner Charité-Spitals, Karl Max Einhäupl.
Erbitterter Kampf um Machterhalt
Ob die Einschätzung der Charité-Ärzte die ukrainischen Justizbehörden beeindruckt, bleibt abzuwarten. Bisher wurde nur der prominenten Patientin Timoschenko vorgeworfen, bezüglich ihres Rückenleidens zu simulieren, jetzt geraten auch die deutschen Ärzte ins Visier der Behörden. Das ukrainische Gesundheitsministerium wirft den Medizinern vor, sie hätten Timoschenko nicht korrekt therapiert und die Behandlungsdauer künstlich verlängert. Die Ärzte ihrerseits wehren sich in einer schriftlichen Erklärung gegen die Vorwürfe und betonen, die ukrainischen Behörden hätten die in Haft befindliche Timoschenko monatelang nicht korrekt behandelt, was das Krankheitsbild massiv verschlimmert habe. Der Streit um den Gesundheitszustand von Timoschenko lässt erahnen, wie erbittert die Regierung um ihren Machterhalt kämpft. Ende Oktober finden in der Ukraine Parlamentswahlen statt und der Sieg der Regierungspartei von Präsident Janukowitsch ist alles andere als sicher. Die Opposition rüstet sich jedenfalls schon für einen heißen Wahlkampf.