Live-Ticker im Prozess: Kein Handlungsbedarf

Nach der Urteilsverkündung im Testamentsfälscherprozess in erster Instanz wird nun Kritik an der Berichterstattung der Medien laut. Der Richter kritisierte, dass die Zeugen vor ihrer Befragung zum Teil beeinflusst gewesen seien. Sie hätten durch die Internet-Berichterstattung in Echtzeit, den sogenannten Live-Ticker, gewusst, was sie gefragt werden. Der Richter regt nun in einem Schreiben an das Justizministerium eine gesetzliche Änderung für Berichte aus dem Gericht mittels Live-Ticker an. Doch dort heißt es: Die derzeitige Rechtslage sei ausreichend.

Morgenjournal, 2.8.2012

Tanja Geleckyj

Internet ist Grauzone

Im Gesetz ist nur eines eindeutig geregelt: Radio und Fernsehen dürfen keine Live-Aufnahmen aus dem Gerichtssaal übertragen. Wie und vor allem wann im Internet über die Geschehnisse im Gerichtssaal berichtet wird, ist gesetzlich nicht geregelt. Genau das kritisiert der Richter im Testamentsfälscherprozess Andreas Posch. Zeugen wären voreingenommen gewesen - das müsse man ändern, so seine Forderung an das Justizministerium.

Ministerium blockt ab

Von dort allerdings gibt es eine rasche Absage. Die aktuelle Rechtslage sei ausreichend, sagt der Sektionschef für Strafrecht im Justizministerium Christian Pilnacek. Es gebe bereits jetzt die Möglichkeit einzuschreiten, sollte die Gefahr der Zeugenbeeinflussung bestehen: der Richter könne dem entgegentreten - er kann im Verhandlungssaal elektronische Geräte verbieten.

Andere Mittel möglich

Außerdem könne der Richter Zeugen in einen Extra-Raum verweisen und ihnen verbieten, mit ihrem Smartphone die Berichterstattung im Internet zu verfolgen. Für diese Möglichkeit spricht sich auch der Strafrechtler Andreas Schiel von der Uni Innsbruck aus und er sagt: Wenn unterschiedliche Interessen aufeinander prallen, sei immer das gelindeste Mittel zu suchen etwa die Not-Abnahme von Smartphones oder ein generelles Internet-Verbot für Zeugen - umgekehrt sei es ein wichtiges Rechtsgut, dass Medien aus Verhandlungen berichten können.

Den Live-Ticker, also die Berichterstattung im Internet in Echtzeit, einzuschränken oder gar zu verbieten, wäre ein unverhältnismäßig schwerer Eingriff in die Pressefreiheit, so Scheil. Dieser Meinung ist auch Alois Birklbauer vom Institut für Strafrechtswissenschaften an der Uni Linz: die Bevölkerung zu informieren sei ein höheres Rechtsgut als die Zeugen-Beeinflussung – das könne man anderweitig verhindern.

Grundsätzlich sei ein Live-Ticker eine gute Möglichkeit für die Bevölkerung, eine Verhandlung mitzuverfolgen und sich darüber zu informieren.