Touristen meiden London

Seit die Olympischen Sommerspiele vor einer Woche begonnen haben, bleiben in London die Touristen aus. Tourismusvertreter werben jetzt beinahe verzweifelt damit, dass es keine bessere Gelegenheit als jetzt gebe, die vielen Sehenswürdigkeiten zu besuchen.

Mittagsjournal, 4.8.2012

Aus London berichtet

Übel gelaunte Händler

Während sich die Massen im Osten der Stadt vor den olympischen Stätten drängen, klagen Einzelhändler und Restaurantbesitzer im Zentrum über einen drastischen Rückgang der Kundschaft. Auch Theater und Museen verzeichnen Umsatzeinbußen, weil die üblichen Kulturtouristen von den Sporttouristen verdrängt wurden.

Die breiten Gehsteige in der Londoner Oxford Street sind normalerweise voll mit Shopping Touristen. Heute hat man viel Platz. Die Einzelhändler sind dementsprechend schlecht gelaunt, die Olympischen Spiele sind da, aber sie machen kein Geschäft. Vicky Munro verkauft seit 20 Jahren Souvenirs in der Oxford Street. "Es ist ein Desaster", sagt sie, "die Touristen sind nicht da, die Einheimischen sind weg, weil gesagt wurde, man sollte London meiden." Süßwarenhändler Michael Hoggarty bestätigt, das Geschäft läuft schlecht, er hat die halbe Zeit nichts zu tun.

Hoffen auf den Langzeiteffekt

In Covent Garden sitzen Köche vor ihren Restaurants, die Tische sind leer, am Wetter kann es nicht liegen, die Sonne scheint. Bobby Shitsu, ein Straßenkünstler, sagt, es ist als ob die Pest wütet und nur ein paar übriggeblieben sind, Covent Garden hat ein Drittel weniger Besucher.´Tourismusvertreter sagen, sie haben mit einem leichten Besucherrückgang gerechnet, die Olympischen Spiele haben aber einen Langzeiteffekt, sagt Martine Ainworth vom Tourismusbüro Visit London. Sie rechnet mit zusätzlichen Einnahmen von einer Milliarde Pfund und einer Million Besucher mehr in den nächsten fünf Jahren.

Leere U-Bahnen

Tom Jenkins vom Europäischen Reiseveranstalter-Verband kritisiert die Taktik der Verkehrsplaner: Wochenlang gab es drastische Warnungen vor Staus und Behinderungen, jetzt sind die U Bahnen leer. Pendler meiden die Stadt und geben natürlich in London auch kein Geld aus. "Das war die falsche Botschaft und sie wird sich wohl bald ändern", so Jenkins.

Wie immer gibt es Gewinner und Verlierer bei großen Veranstaltungen. Die Wachablöse vor dem Buckingham Palast zieht nach wie vor die Massen an, aber das berühmte Wachsfigurenkabinett von Madame Tussauds wirkt verwaist. Radfahrer genießen die freien Straßen, so ruhig wird London wohl nie mehr sein, befürchten, aber hoffen auch viele.