Ägypten: Jubel über Schachzug Mursis

Hunderte Menschen haben gestern in Kairo und Alexandria die Ablösung der bisherigen Militärführung um Verteidigungsminister Tantawi gefeiert. Der islamistische Präsident Mursi hat die Militärführung des Landes überraschend in den Ruhestand versetzt. Außerdem hat er die Verfassungszusätze wieder abgeschafft, mit denen das Militär die Macht des Staatschefs eingeschränkt hatte.

Morgenjournal, 13.8.2012

Politisch vereinbart?

In Kairo gingen allerdings die Ansichten auseinander, ob es sich um einen Machtkampf Mursis mit dem Militär handelt, oder ob eine politische Vereinbarung dahinter steht. Denn Tantawi wurde zu Mursis Berater erklärt und erhielt zudem einen Orden.

Tantawi hatte nach dem Sturz des Langzeitpräsidenten Hosni Mubarak im Februar 2011 den Militärrat geführt, der in der Übergangszeit in Ägypten die Macht hatte. Er war ein enger Vertrauter Mubaraks gewesen. Zum Nachfolger Tantawis an der Spitze der Streitkräfte bestellte Mursi Feldmarschall Abdel Fattah al-Sisi. Al-Sisi legte gleich den Amtseid ab.

Für "bessere Zukunft"

Am Sonntagabend lobte Mursi in einer Ansprache die Rolle der Streitkräfte. In einer Rede im sunnitischen theologischen Institut al-Ashar in Kairo erklärte Mursi, er habe mit seinen Entscheidungen die Streitkräfte nicht "ins Abseits drängen" wollen. Er wolle für die Armee "nur das Beste", dass sie sich ihrer Aufgabe widme: "dem Schutz der Nation". Mit seinen Entscheidungen, die Armeespitze zu erneuern habe er niemanden an den Rand drängen oder "ungerecht" behandeln wollen, sondern "mit einer neuen Generation" in eine "bessere Zukunft" aufbrechen wollen, sagte Mursi.

Demokratische Entwicklung

Die Maßnahme Mursis ist ein sehr wichtiger Schritt hin zu einem demokratischen Staat Ägypten. Damit hat die gewählte Institution, der Präsident, die Macht im Land hat, und nicht die ungewählte, das Militär. Zum ersten Mal in der ägyptischen Geschichte ist das Militär entmachtet. Der Transformationsprozess nach dem Sturz Mubaraks ist damit ein wichtiges Stück weitergekommen.

Laut Mursi sind die Personalentscheidungen mit dem Militär abgesprochen. Das und die Ordensverleihung kann auch als Schritt gesehen werden, damit die Militärs das Gesicht wahren können. Zu vermuten ist auch, dass eine Art Putsch innerhalb des Militärs stattgefunden hat. Bisher hat das Militär nicht reagiert, auch nicht auf die Jubelkundgebungen der Bevölkerung.

Sorge wegen Machtfülle

Sorge wegen Machtfülle
Es werden aber auch Stimmen laut, dass die früheren Militärs nun vor Gericht gestellt und ihre wirtschaftlichen Aktivitäten genauestens untersucht werden. Dass die Stimmung zuletzt sehr skeptisch gegenüber dem Militär war, ist wohl auch auf die Angriffe auf dem Sinai zurückzuführen. Allerdings wächst nun auch die Sorge, dass der Präsident eine allzu große Machtfülle anhäufen könnte. Es ist aber auch ein Machtkampf zwischen den Militärs und den Muslimbrüdern, der nun für die Muslimbrüder entschieden wurde.

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