China: Ein-Kind-Politik immer umstrittener
In China haben die Behörden eine Frau im siebenten Schwangerschaftsmonat zur Abtreibung gezwungen. Der Fall hat in China zu heftigen Protesten vor allem auf Internetforen geführt. Immer lauter werden Forderungen an die politische Führung, die umstrittene Ein-Kind-Politik ganz abzuschaffen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.08.2012
Foto sorgt für Empörung
Es war ein Foto, das jüngst millionenfach auf Chinas Internetforen verbreitet wurde und dort eine Lawine der Empörung ausgelöst hat. Das Foto zeigt eine Mutter mit ihrem toten Baby auf dem Krankenbett. Das Baby wurde im siebten Monat mit einer Spritze in den Bauch ihrer Mutter getötet. Beamte der lokalen Familienplanungsbehörde hatten die Mutter Feng Jianmai ins Krankenhaus gezerrt und dort zur Abtreibung genötigt, weil sie die Strafgebühr für ihr zweites Kind nicht zahlen konnte.
Das Schicksal von Feng Jianmei ist bei weitem kein Einzelfall, doch hat kaum eine Abtreibung zuvor in China zu solch einem Echo geführt. Weil die Ein-Kind-Politik immer umstrittener ist und weil sich Online Foren immer schneller zur öffentlichen Bühne für das Anprangern sozialer Missstände entwickeln. Nun haben 15 namhafte Bevölkerungsexperten öffentlich eine Änderung der Gesetze zur Ein-Kind-Politik verlangt.
Kritik der Bevölkerung an Ein-Kind-Politik wächst
Der Bevölkerungsexperte und einer der prominentesten Kritiker der Ein-Kind-Politik He Yafu dazu:"Dieser Fall könnte deutliche Auswirkungen auf die Geburtenplanungspolitik haben. Früher durften die staatlichen Medien über solche Zwangsabtreibungen überhaupt nicht berichten. Dieses Mal war alles anders. Es ist ein Durchbruch.“
Die Ein-Kind-Politik war für den Staat lange Zeit ein gutes Geschäft. Mehr als 300 Milliarden Dollar an Strafgebühren für Paare mit mehr als einem Kind sind laut Ansicht von He Yafu seit 1980 in die Staatskassen geflossen.
Alternde Bevölkerung
Die Auswirkungen der Ein-Kind-Politik werden mittlerweile zum demographischen Albtraum. Weil sich Familien oft einen Sohn wünschen werden übermäßig viele weibliche Föten abgetrieben, was zu einem spürbaren Geschlechterungleichgewicht geführt hat. Auch altert Chinas Bevölkerung aufgrund der Ein-Kind-Politik immer schneller. Dabei mangelt es in China an einem umfassenden Pensions- oder Krankenversicherungssystem.
Viele Demographen glauben, dass selbst eine Abschaffung der Ein-Kind-Politik zu keiner Geburtenexplosion mehr führen würde. Auch wenn es immer mehr Ausnahmen zur Ein-Kind-Regel für viele Paare gebe, eine gänzliche Abschaffung der Ein-Kind-Politik sei derzeit unwahrscheinlich. Fürchtet die KP doch nach wie vor, dass ein Anstieg der Geburten wirtschaftliche Fortschritte zunichtemachen könnte. Genau daraus zieht die Kommunistische Partei die einzige Legitimation, die ihr mittlerweile geblieben ist.