Äthiopen: Langzeitmachthaber Zenawi tot

Äthiopens Premierminister Meles Zenawi ist heute Nacht im Alter von 57 Jahren gestorben. In den vergangenen zwei Monaten haben sich zahlreiche Gerüchte um seinen Gesundheitszustand gerankt. Meles Zenawi hinterlässt ein Äthiopien, das unter seiner Regierung zwar reicher, aber auch weniger tolerant geworden ist.

Mittagsjournal, 21.08.2012

Katharina Wagner

Zenawi: Vom Oppositionellen zum Machthaber

Für die einen war er ein Visionär, für die anderen ein Autokrat. Unter den afrikanischen Führungspersönlichkeiten galt Zenawi, der Äthiopien mit eiserner Faust regierte, als Schwergewicht. Nach 17 Jahren als Premier am Horn von Afrika ist der 57 jährige Meles Zenawi vergangene Nacht gestorben. Dessen Geschäfte wird der Vizepremier Hailemariam Desalegn übernehmen.

Der politische Aufstieg Zenawis in Äthiopien verlief geradlinig. Er engagierte sich nach seinem Medizinstudium in der oppositionellen Volksbefreiungsfront von Tigray. Anfang der achtziger Jahre stand er an der Spitze eines Bündnisses von Oppositionsgruppen, das 1991 das Regime des kommunistischen Machthabers Mengistu Haile Mariam stürzte. Meles Zenawi wurde äthiopischer Regierungschef, Äthiopien erlebte einen wirtschaftlichen Aufschwung. Für westliche Staaten, wie den USA, galt Zenawi als verlässlicher Partner im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus.

Menschenrechtsverletzungen

Für Kritik sorgte der Grenzkrieg mit dem Nachbarland Eritrea, das Anfang der 90er Jahre die Unabhängigkeit von Äthiopien erlangt hatte. Zehntausende Menschen wurden dabei getötet. Patrick Ferras,Direktor des französischen Zentrums für politische Beobachtung am Horn von Afrika:"Solange Isayas Afewerki Präsident von Eritrea ist, wird der Konflikt mit Äthiopien weitergehen, auch nach dem Tod von Meles Zenawi. Ich glaube nicht, dass ein bewaffneter Konflikt ausbrechen wird, aber die Truppen werden sich an der Grenze weiterhin überwachen."

Aber auch gegen seine Kritiker im eigenen Land ging er mit harter Hand vor. In den vergangenen Jahren wurden die Stimmen immer lauter, die Menschenrechtsverletzungen vor allem an äthiopischen Oppositionellen und Journalisten anklagten. Auch daran wird sich nach dem Tod von Zenawi nichts ändern, sagt Patrick Ferras: "Derzeit sind 147 von 148 Abgeordneten im Parlament von der regierenden Partei, ein einziger von der Opposition. Wenn die Opposition an die Macht will, dann muss sie bis zu den Wahlen warten und die sind erst wieder 2015."