Das Ende des 3raum-Anatomietheaters

Der Theatermacher Hubsi Kramar schließt sein 3raum-Anatomietheater in Wien. Gut sechs Jahre lang hat er das ehemalige Anatomiegebäude des Veterinärmedizinischen Instituts bespielt. Nun läuft der Pachtvertrag mit der Musikuni aus und der "Theaternomade" zieht weiter.

Kulturjournal, 22.8.2012

Man kennt ihn als Provokateur und Theaterrebell, doch Hubsi Kramar legt daneben auch Wert auf "intelligentes Volkstheater", wie er sagt. Und der unumstrittene Pionier in Sachen Gesellschaftssatire ist für ihn Oscar Wilde. Drei Oscar-Wilde-Klassiker hat Kramar in den letzten Jahren am 3raum-Anatomietheater inszeniert: "Ein idealer Gatte", "Lady Windermeres Fächer" und "The Importance of Being Earnest".

Vielfrequentierter Schauplatz der Off-Szene

Der Reiz einer Inszenierung im 3raum-Anatomietheater besteht in der Atmosphäre der alten Jugendstil-Säle mit ihren Säulen und alten Kachelwänden. Hier wurden früher vor den Augen von Studierenden Tierkadaver seziert. Ein für sich schon theatralisch aufgeladener Ort also, der fast schon ein eigenes Bühnenbild abgibt und nur noch weniger Ergänzungen bedarf.

Der als "Theaternomade" bekannte Hubsi Kramar, der schon zuvor leerstehende Räume wie das Wiener Kabelwerk für das Theater nutzbar gemacht hatte, bezog das ehemalige Anatomiegebäude mit seiner Theatergruppe Showinisten vor gut sechs Jahren. Er nutzte die Räume nicht nur für eigene Produktionen, sondern vermietete sie an andere Künstler und Theatergruppen weiter, und so war das 3raum-Anatomietheater über Jahre vielfrequentierter Schauplatz der sogenannten Off-Szene. Nun, da der Pachtvertrag mit der Wiener Musikuni ausläuft, zieht Kramar weiter. Was mit den Räumen passiert, weiß er nicht.

Medien-Konflikte

Seinem Ruf als Provokateur konnte Hubsi Kramar auch in den Jahren des 3raum-Anatomietheaters mehrmals gerecht werden. In der Posse "Wiener Blut oder Oper - Rette sich wer kann" mussten Schauspieler mit Migrationshintergrund durch leidenschaftliches Operettenspiel ihre Integrationswilligkeit unter Beweis stellen. Und mit der Medienfarce "Pension F." schaffte es Kramar sogar, die internationale Medienszene aufzuscheuchen.

Mit der Ankündigung, ein Theaterstück zum Inzestfall Josef F. zu machen, lockte er Fernsehstationen von der BBC bis zu Al-Jazeera in sein Theater und brachte zudem den österreichischen Boulevard und die FPÖ gegen sich auf. Der große Auflauf war ganz im Sinne von Hubsi Kramar, ging es doch in dem trashigen Spektakel gerade um die mediale Ausschlachtung dieses Kriminalfalls und seiner Opfer. Zwar fragten damals einige Kommentatoren, ob sich Kramar durch das Stück nicht selbst an dieser Ausschlachtung beteilige; allerdings, so der Theatermacher, sei es gerade der Sinn des politischen Theaters, große Aufmerksamkeit zu erregen.

Residenz im Rabenhof

Das 3raum-Anatomietheater wird als Kapitel der Wiener Off-Theaterszene wohl noch einige Zeit in Erinnerung bleiben. Als einer der bekanntesten Vertreter dieses Off-Theaters hat sich Kramar auch immer wieder für dessen Interessen eingesetzt. Anfang des Jahres hat er sich der "Plattform zeitgenössischer Tanz- und Theaterhäuser" angeschlossen, die um mehr Anerkennung und Förderungen der kleinen Wiener Theater kämpft. Jetzt, da Kramar bald kein eigenes Theaterhaus mehr leiten wird, will er sich auch in seinem Engagement etwas zurücknehmen.

Zu Verfügung stehen wird Hubsi Kramar künftig auch dem Rabenhof-Theater, wo er im Herbst eine Residenz antritt. Zum Einstand wird er dort "Wolfi Bauer Superstar - Die Gala" bringen, eine Theatercollage über den österreichischen Dramatiker Wolfgang Bauer.

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