Merkel ruft zu verbaler Mäßigung auf
In der EU gilt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel als aktive Schuldenmanagerin, die den französischen Präsidenten Hollande zum Gleichschritt zwingt im harschen Auftreten gegenüber dem griechischen Regierungschef Samaras. Im eigenen Land kann sie zufrieden auf positive Umfragewerte schauen. Im Sommergespräch des ARD-Fernsehens war es ihr Ziel, weiter mit ihrer Rolle in der Finanzkrise zu punkten.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.8.2012
"Worte wägen"
Merkel hat sich mit deutlichen Worten von Äußerungen der CSU über das Schicksal Griechenlands in der Euro-Zone abgesetzt. Europa sei derzeit in einer "entscheidenden Phase", sagte Merkel. "Deshalb glaube ich schon, wir sollten alle unsere Worte wägen. Wir haben füreinander in Europa Verantwortung", mahnte sie. Die kritischen Äußerungen wirkten vor dem Hintergrund riesiger, die Bevölkerung betreffende Einschnitte in Griechenland anders als in Deutschland, betonte Merkel. Sie wandte sich zudem dagegen, die Debatte über das Euro-Land nur ökonomisch zu führen. "Es geht um viel, wenn wir über Griechenland sprechen."
Viel Vertrauen verloren
Auch sie fordere Reformen von Athen, betonte die Kanzlerin. "Ich habe dem griechischen Ministerpräsidenten - wie andere - gesagt, dass noch vieles zu tun ist." Aber auch die Griechen hätten Anspruch auf Verlässlichkeit. Und dies bedeute, dass ein Urteil erst nach dem Bericht der internationalen Troika gefällt werde. Sie habe den Eindruck, dass der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras sich "ernsthaft anstrengt". Es sei sicher viel Vertrauen verloren gegangen. "Vor diesem Hintergrund zählt jetzt jeder Tag, um die Anstrengungen wirklich zu verstärken und das, was zugesagt war, umzusetzen."
Zugleich beklagte Merkel, dass bei der Sanierung Griechenlands der wohlhabende Teil der Bevölkerung nicht ausreichend herangezogen werde. "Das Ungerechte ist, dass die, die viel Geld haben, längst über alle Berge sind ... Das ist extrem ärgerlich."
Kein EU-Konvent
Merkel strebt eine weitere Vertiefung der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit in Europa an. Dafür sollte nun im Herbst überlegt werden, was die nächsten wichtigen Schritte sein müssten, sagte sie am Sonntag im ARD-Sommerinterview. Aber: "Ich fordere keinen Konvent", erläuterte sie. Nach einem Bericht des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" wirbt der Europaberater der Kanzlerin, Nikolaus Meyer-Landrut, in Brüssel dafür, noch heuer auch einen Konvent für einen neuen EU-Vertrag zu beschließen. (Text: APA, Red.)