Art Moscow
In Moskau ist gestern die Kunstmesse Art Moskav eröffnet worden, die heuer zum 16. Mal stattfindet. Damit ist die Veranstaltung auch ein Spiegel des postsowjetischen Kunstmarktes in Russland - und der steckt im Moment in einer tiefen Krise, die Zahl der Aussteller hat sich in den letzten Jahren halbiert. Mit, ein Grund ist die Konkurrenz durch die gleichzeitig stattfindende Viennafair in Wien mit ihren neuen russischen Eigentümern.
8. April 2017, 21:58
35 Galerien stellen heuer aus, weniger als im Eröffnungsjahr 1996 und weniger als die Hälfte als im besten Jahr der Messe 2007. Der Direktor des Zentralen Künstlerhauseses ZDCH Wasilij Bytschkow kündigt jetzt schon Gegenmaßnahmen für die nächste Messe an. Im kommenden Jahr wollen wir einen Pool neuer Galerien bilden und ihnen den Zugang zur Messe ermöglichen, etwa durch Rabatte bei der Teilnehmergebühr Es wird im Moment sehr viel über die Krise am Kunstmarkt gesprochen, nach den dramatischen Ereignissen rund um drei führende Galerien, es wird darüber gesprochen dass wir unsere Kräfte bündeln müssen um den Kunstmarkt zu stützen, der wirklich in einer sehr schwierigen Lage ist, erklärt Bytschkow.
Bytschkow spielt dabei auf die Schließung von drei Galerien im Frühjahr an: Die Galerien Gelman, Ajdan und XL im Kulturbezirk Vinsavod haben ihre kommerziellen Aktivitäten in Russland eingestellt. Begründet wurde das damit, dass es im Land selbst keine Käufer mehr gebe. Die Oligarchen und großen Geschäftsleute würden ihre Aktivitäten und ihr Geld ins Ausland verlegen, da sie unter Druck der Führung unter Wladimir Putin kommen würden. Die neue herrschende Klasse bestehe aus Bürokraten, die kein Interesse an moderner Kunst hätten und ihren Reichtum auch nicht demonstrativ zeigen wollen, hieß es damals.
Konkurrenz Viennafair
Im Zug der Diskussion wurde bekannt, dass die große Moskauer Galerie Regina eine Dependance in London eröffnet und ins Bild passt auch, dass die Viennafair in Wien von russischen Geschäftsleuten übernommen wurde. Dass die Viennafair der Art Moskava nur wenige Monate vor der Eröffnung die Kuratorin Christina Steinbrecher abgeworben hat, sorgt auch nicht für besonders gute Stimmung. Einige große Moskauer Galerien sind heuer nicht mehr auf der Art Moskva vertreten, weil sie lieber auf der zeitgleich stattfindenden Viennafair ausstellen. Auch andere westeuropäische Galerien sind spärlich vertreten - aus Österreich nur die Knoll-Galleries. Die Neuzugänge, etwa aus Abchasien oder drei Galerien aus dem Iran, können diese Lücke nicht wirklich füllen.
Erziehung neuer Sammler
Der Direktor des Künstlerhauses, Bytschkow setzt auf Reformen - und macht aus der Not der geringeren Teilnehmerzahl eine Tugend: Wir haben uns um die Ausstellung an sich gekümmert und diese Labyrinthe und langen Gänge umgestaltet, an denen wir uns schon lange satt gesehen haben. Stattdessen haben wir eine offenere Gestaltung gewählt, die Galerien haben mehr Platz bekommen, so dass die Präsentation schon mehr an ein Museum erinnert. Außerdem haben wir deutlich mehr Diskussionen angesetzt, beschreibt er die diesjährige Ausstellung.
Und die Titel dieser Diskussionen sind Programm: "Man muss nicht Millionär sein um Kunstsammler zu werden" heißt eine davon oder "Engagement von Firmen in Kunst und Kultur". Ziel ist es, neue Käuferschichten zu erschließen, die gebildete Mittelklasse, die sich in ihrem Geschmack am Ausland orientiert, aber doch nicht genug Geld hat um im Ausland einzukaufen, sagt Jekaterina Iragi, Leiterin des künstlerischen Beirates der Art Moskva. "Moskau hätte das Potential nicht nur für eine, sondern für drei oder vier Kunstmessen - wirtschaftlich gesehen.
Aber die moderne Kunst leidet darunter, dass die Öffentlichkeit keine gute Meinung von ihr hat. Es geht um die Erziehung einer neuen Generation von Sammlern, eine Generation die bereit ist zu kaufen und damit die moderne Kunst - Künstler und Galeristen - zu unterstützen. Kunst ist schließlich nichts anderes als die Eigendefinition des modernen Menschen und wir können nicht ewig an unserer Fixierung auf Tolstoi, Tschaikowski oder das Bolschoi-Theater festhalten", denkt Jekaterina Iragi.
Diese Botschaft ist zumindest in der Kulturabteilung der Stadt Moskau angekommen, die die Art Moskva heuer wieder finanziell und organisatorisch unterstützt und offenbar auch bei der inhaltlichen Gestaltung ein Wörtchen mitgeredet hat. Der Titel der ersten Diskussion, die unmittelbar nach der Eröffnung der Messe angesetzt ist, klärt wohin die Reise gehen soll. Er lautet: "Welche Rolle kann moderne Kunst spielen um die Attraktivität von Städten zu erhöhen".
Die Organisatoren hoffen auf jeden Fall auf eine bessere Zukunft. Seit dem Boom vor der Krise 2008 hat die Art Moskva jedes Jahr Verluste gemacht - auch heuer wird ein Minus von etwa 75.000 Euro erwartet.