Pensionen: Experten für radikale Reform
Die Verunsicherung vieler Menschen über das Pensionssystem ist nach Ansicht der Experten Ulrich Schuh und Bernd Marin groß - trotz oder gerade wegen zahlreicher Reformen. Als Gegenmaßnahme schlagen sie im Namen von 30 Wirtschaftsexperten eine radikale Reform des Systems vor: Demnach soll niemand mehr ausgezahlt bekommen, als er vorher eingezahlt hat.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 24.9.2012
Schluss mit laufenden Nachjustierungen
Das derzeitige Pensionssystem sei eine "Pensions-Verunsicherung", sagt Ulrich Schuh vom Wirtschaftsforschungsinstitut ECO AUSTRIA. Denn niemand wisse, welche Pension er später einmal bekommen werde. Jetzt würden Versprechungen abgegeben ohne sicherstellen zu können, dass in Zukunft die nötigen Mittel vorhanden seien, und das führe zu laufenden Nachjustierungen und Leistungsanpassungen - sprich Pensionskürzungen.
"Wie auf einem Sparbuch"
Schuh und eine Reihe von Experten fordern jetzt eine radikale Änderung des derzeitigen Systems - und zwar für alle Versicherten, also von den Beamten über die Angestellten bis hin zu den Bauern und Eisenbahnern. Das Prinzip, so Schuh: Die entrichteten Beiträge sollen auf einem persönlichen Konto gutgeschrieben und verzinst werden. Beim Pensionsantritt könne dieses Kapital abgerufen und ausbezahlt werden. "Wie bei einer Bank oder einem Sparbuch, nur eben vom Staat verwaltet", so Schuh. Dabei sorge der Staat dafür, dass die Verzinsung über der Inflationsrate liegt. Die Pensionsbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern blieben vorerst gleich, die Experten können sich aber durchaus vorstellen, dass künftig jeder selbst entscheidet, wie viel er auf sein Pensionskonto einzahlen will.
Finanziell nachhaltig
Die Grundidee: Pensionshöhe und Pensionsantrittsalter richten sich nach der Beitragsleistung. Ausgezahlt wird also nur mehr das, was vorher auch eingezahlt wurde. Oder anders formuliert: Wer wenig einzahlt und früher in Pension geht, muss deutliche Abstriche hinnehmen. Der Zweck der Aktion wäre die finanzielle Nachhaltigkeit und dass ein Bundeszuschuss über Ersatzzeiten hinaus nicht mehr notwendig sein würde, so Schuh. Zuschüsse aus der Staatskasse würde es also nur mehr für Kinderbetreuungszeiten oder Arbeitslosenzeiten geben. Darüber hinaus würde der Staat auch noch die Differenz zur Mindestpension abdecken. Sonstige staatliche Leistungen würden aber gestrichen.
Faktum ist also: Wer bei diesem System gleich viel einzahlt wie bisher und gleich lange arbeitet, bekommt deutlich weniger Pension. Eine Einschränkung sollte es bei Pensionsantritt allerdings geben, so die Experten - der Kapitalstock, der angespart wird, muss eine bestimmte Höhe erreichen. Sonst sind keine weiteren Beschränkungen geplant. De facto könnte ein Spitzenverdiener mit besonders hohem Einkommen auch schon mit 30 in Pension gehen, erklärt der Pensionsexperte Bernd Marin.
Und wie viel an Bundeszuschüssen könnte der Staat mit dem neuen Pensionsmodell künftig einsparen? Laut Marin sind es mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Trotz dieses Sparpotentials ist es aber wohl mehr als fraglich, ob die Politiker diesen Vorschlag je umsetzen werden.