Ärzte bestätigen: Psychische Belastung steigt

Der Arbeitsdruck ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das bestätigen jetzt auch Arbeitsmediziner. Eine neue Umfrage des Sozialministeriums zeigt ja, dass sich fast jeder Dritte am Arbeitsplatz gesundheitlich beeinträchtig fühlt. Vor allem die psychische Belastung im Job hat merkbar zugenommen, sagen die Arbeitsmediziner.

Mittagsjournal, 24.09.2012

Trend täglich sichtbar

Kreuz-, Nacken- oder Schulterschmerzen, Erschöpfung und Burnout - fast jeder dritte Beschäftigte fühlt sich am Arbeitsplatz gesundheitlich beeinträchtigt, mehr als die Hälfte sagt, der Arbeitsdruck habe in den letzten Jahren zugenommen. Diesen Eindruck der heimischen Beschäftigten teilen auch Ärzte. Arbeitsmedizinerin Madleine Rohac aus Wien: "Ich kann aus meiner Sicht diese Umfragewerte nachvollziehen. Ich wehre mich ein bisschen gegen eine globale Einschätzung der Arbeitswelt. Es gibt hier immer verschiedene Aspekte und verschiedene Firmen. Das Gesundheitsbewusstsein in den Unternehmen ist unterschiedlich einzustufen. Alle über einen Kamm scheren kann man nicht, aber den Trend sehe ich in meiner Arbeit täglich."

Psychische Belastungen nehmen zu

Die Arbeitswelt habe sich in den vergangenen 10, 20 Jahren deutlich verändert, dadurch hätten vor allem die psychischen Belastungen zugenommen. "Die klassischen Arbeitsverhältnisse, wo man von der Jugend bis ins Alter in einer Firma tätig ist, und da auch sozial getragen wird, das nimmt ab. Wechselnde Arbeitsverhältnisse, kleine Ich-AGs, Belastungen, die besonders im psychischen Bereich zum Tragen kommen, nehmen sicher zu."

Deutliche Reduktion der Arbeitsunfälle

Auch der Leiter des Arbeitsmedizinischen Zentrums in Perg in Öberösterreich, Karl Hochgatterer, bestätigt eine Steigerung bei den psychischen Belastungen. Die Arbeit sei insgesamt intensiver geworden, ihre Komplexität größer: "Menschen müssen flexibler reagieren auf verschiedene Ansprüche, die getätigt werden durch die Unternehmen, die aber wieder getrieben sind durch Ansprüche der Kunden." In der Gestaltung der Arbeitswelt, so Hochgatterer, habe es in den vergangenen zwei Jahrzehnten aber auch deutliche Verbesserungen gegeben: "Wir haben eine deutliche Reduktion von Arbeitsunfällen wahrnehmen können. Grundsätzlich glaube ich, dass im Bereich körperlicher Belastungen von den Unternehmen, die ich überblicken kann, sehr viel an Investitionen getätigt wurden, um genau die körperlichen Belastungen zu reduzieren. Vielfach muss man aber auch festhalten, sind psychische Belastungen gestiegen."

Aufwertung der Arbeitsmedizin

Beide Experten fordern eine Aufwertungen der Arbeitsmedizin, etwa durch öffentliche Förderungen. Madleine Rohac: "Ich könnte mir durchaus eine Förderung aus öffentlicher Hand vorstellen für Betriebe, die eine betriebliche Gesundheitsförderung umsetzen." Ganz ähnlich sieht das auch Karl Hochgatterer: "Wenn es dem Gesetzgeber wichtig ist, Präventivmedizin zu fördern, dann ist Arbeitsmedizin das positivste Beispiel für Präventivmedizin, das sich in Österreich etabliert hat." Und auch für die Unternehmen würde sich ein Mehr an Arbeitsmedizin auszahlen - schließlich, so die Experten, würde dadurch eindeutig die Produktivität steigen.