Roman-Verfilmung "Die Wand"
Wie fühlt es sich an, wenn man von der Zivilisation abgeschnitten und völlig auf sich selbst gestellt ist? Dieser Frage geht der 1963 veröffentlichte Roman "Die Wand" der 1970 verstorbenen Schriftstellerin Marlen Haushofer nach. Ab Freitag kann man die filmische Umsetzung des österreichischen Regisseurs Julian Pölsler im Kino sehen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 1.10.2012
Plötzlich geht es nicht mehr weiter, eine unsichtbare Barriere versperrt den Weg. Eine Frau mittleren Alters sitzt in einem begrenzten Raum rund um eine Jagdhütte fest, eine Art Gefängnis inmitten einer Bergidylle. Langsam beginnt sie das Auf-sich-selbst-Zurückgeworfensein zu verstehen, sich damit zu arrangieren. Das Aufschreiben des Zustands hilft bei der Bewältigung.
Simulation einer Depression
Die namenlose Erzählerin im Roman "Die Wand" hat Begleiter durch die Einsamkeit: eine Kuh, ein Kalb, eine Katze einen Hund. Als Robinsonade, als radikale Zivilisationskritik, als feministischer Roman, als Selbstfindungsgeschichte oder die Simulation einer Depression wurde das Buch der österreichischen Autorin Marlen Haushofer immer wieder interpretiert.
Regisseur Julian Pölsler will selbst keine Lesart vorgeben, hat aber natürlich seine eigene: "Die Verwandlung - da steckt ja schon das Wort 'Wand' drinnen - ist für mich das zentrale Thema des Buches, wir müssen uns ja alle täglich verwandeln, und wer dazu nicht bereit ist, wird eines Tages - so wie die Hauptfigur im Buch - dazu gezwungen sein. "
Landschaft reflektiert Gefühle
Der Gemütszustand der Protagonistin im Film vermittelt sich hauptsächlich über ausführliche Zitate aus dem Originaltext von Marlen Haushofer. Das reduzierte äußere Geschehen und der Mangel an Dialogen machen die Landschaft zur dramaturgischen Größe, mal karg und rau, dann wieder durch die Abendsonne goldgetränkt oder im glitzernden Weiß des Winters, ein Reflektor der Gefühle. Neben Landschaft, innerem Monolog und Musik wird auch die Stille es noch ein weiteres wesentliches Gestaltungsmittel. "Die Stille auch als Ausdruck einer gewissen Sprache", wie Regisseur Pölsler meint.
Meditatives Ereignis
Der Film "Die Wand" ist ein Parcours durch existenzielle Gemütszustände, oft Verzweiflung, dann wieder gefasst und getrieben vom praktischen Überlebenskampf, ein Überleben, das man sich quasi selbst schuldig ist, schließlich Versöhnung, ein innerer Friede mit der Welt. Kino als meditatives Ereignis, das angemessene Bilder findet. Doch denen vertraut Regisseur Pölsler nicht so ganz, dabei hätte er auf manchen Off-Text durchaus verzichten können.