Goya digital
Auf der Homepage des Madrider Museo del Prado sind seit kurzem mehr als 1.000 digitalisierte Werke des Malers Francisco de Goya frei zugänglich. Drei Jahre lang hat ein zehnköpfiges Forschungsteam an der Restaurierung und Digitalisierung der Werke gearbeitet, die nun weltweit via Mausklick betrachtet werden können.
8. April 2017, 21:58
Dauerhaft im Internet zu sehen
Rund 1.200 Werke Francisco de Goyas umfasst die Sammlung des Museo del Prado. Sie birgt frühe religiöse Malereien und Vorlagen für die königliche Tapisseriemanufaktur ebenso wie seine späten, expressiven Schwarzen Bilder oder die Serie Los Caprichos, eine Reihe grotesker Radierungen.
Während seine Portraits und Ölgemälde dauerhaft im Prado ausgestellt sind, werden die Werke auf Papier nur selten gezeigt, erklärt Javier Docampo, der Direktor des Bibliotheks- und Archivwesens im Prado. Er hat dieses Forschungsprojekt initiiert und geleitet.
"Das Tageslicht würde seinen Arbeiten auf Papier einen zu großen Schaden zufügen, daher ist es gar nicht möglich, sie dauerhaft auszustellen. Wir bringen sie hin und wieder in einer Sonderschau an die Öffentlichkeit, aber normalerweise bleiben sie im Archiv verwahrt. Also hielten wir es für eine gute Idee, das wichtigste Medium unserer Zeit zu nutzen und alle diese Werke zumindest über eine Website bekannt zu machen."
Eine kleine Sensation
Die digitale Sammlung basiert auf einer Fülle von Fotografien der Werke, deren besonders hohe Bildauflösung es erlaubt, sie stark zu vergrößern und bis zum kleinsten Pinselstrich zu betrachten. Manche Skizzen und Radierungen wurden eigens für das Projekt restauriert, seltene Probedrucke gelangen erstmals an die Öffentlichkeit. Und den Forschern ist sogar ein kleiner Sensationsfund gelungen.
"Wir haben tatsächlich ein neues Bild von Goya entdeckt. Auf der Rückseite einer bereits bekannten Zeichnung fanden wir eine unfertige Skizze der damals neu gebauten Madrider Sternwarte des Architekten Juan de Villanueva, der auch das Museo del Prado entwarf. Während der Bauzeit fertigte Goya diese kleine Skizze an, die der Goyaforschung bis heute nicht bekannt war."
Goyas Privatkorrespondenzen
Neben seinen Gemälden, privaten Zeichnungen und Skizzen sind auch Goyas Privatkorrespondenzen auf der Homepage einsehbar. Vor allem die Briefe an seinen besten Freund Martín Zapater geben Einblick in das Alltagsleben des umtriebigen Künstlers.
"Sie sind ein wichtiges Zeugnis seines Privatlebens, denn er vertraute sich seinem Jugendfreund in vielen Dingen an. Mit ihm sprach er kaum über die Malerei, sondern vielmehr über seine persönlichen Gefühle. Er erzählte ihm, dass er sich eine neue Kutsche gekauft hatte, von familiären Problemen, oder, wie stolz er über seinen Erfolg am Madrider Hof war. Nur von sehr wenigen alten Meistern sind uns Korrespondenzen überliefert, die so reich an intimen, privaten Details sind."
Digitale Sammlung wird laufend ergänzt
Das umfangreiche Werk Francisco de Goyas ist ein wichtiges Zeugnis der politischen und künstlerischen Umbrüche des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Er wird häufig als Vater der modernen Kunst und Urheber nachfolgender Strömungen wie Expressionismus und Surrealismus bezeichnet.
"Nach und nach fand er seinen eigenen Stil, der sich vor allem in den späten Schwarzen Bildern und in seinen privaten Zeichnungen offenbart. Bis dahin war das schwierig, weil er in seinem Schaffen vom Urteil gesellschaftlicher Instanzen und Mäzene abhängig war, die gewisse Extravaganzen des Künstlers nicht tolerierten. In seinen privaten Zeichnungen lernen wir hingegen einen viel freieren, kreativeren, gewagteren und sehr revolutionären Goya kennen."
Ab heute und noch bis Jahresende sind alle Zeichnungen, die im Rahmen der Digitalisierung restauriert wurden, in einer Sonderausstellung im Museo del Prado ausgestellt, darunter auch die neuentdeckte Skizze der Madrid Sternwarte.
Die digitale Sammlung auf der Homepage wird laufend ergänzt, sie soll eine wertvolle Einrichtung für Forscher und interessierte Besucher darstellen, sagt Javier Docampo. Die Atmosphäre eines persönlichen Besuchs im Prado könne sie allerdings nicht ersetzen.