"Zeit-Ton" in memoriam Luna Alcalay

Dienstagabend ist die österreichische Komponistin Luna Alcalay wenige Tage vor ihrem 84. Geburtstag in Wien gestorben. Sie war die "Grande Dame" der Neuen Österreichischen Musik. Alcalay gehörte zu jenen Pionier/innen, die sich in der Nachkriegszeit nach Darmstadt aufmachten, um neue Impulse zu bekommen.

Kein geringerer als Bruno Maderna war ihr Förderer und sie erhielt für ihre Arbeiten Auszeichnungen und Preise. 30 Jahre lang hat Luna Alcalay an der "Wiener Musikuniversität" Klavier unterrichtet. Die Schaffensfreude der Komponistin war bis zuletzt ungebrochen.

Vielseitig begabt

Bereits in ihrer Jugend hat sich Luna Alcalay auf unterschiedliche Weise mit Kunst beschäftigt: als Pianistin, Komponistin, aber auch als Autorin und Malerin.

Gemäß ihrer gutbürgerlichen Herkunft wurden ihre künstlerischen Begabungen schon recht früh gefördert. Als Tochter eines altösterreichischen Textilfachmanns erhielt sie privaten Musikunterricht. Luna Alcalay strebte zunächst ein Klavierstudium in ihrem Geburtsstadt Zagreb an. Doch die politischen Verhältnisse während der 40er Jahre im ehemaligen Jugoslawien machten die Emigration nach Israel notwendig.

Studium in Wien

1951 kam Luna Alcalay nach Wien, weil sie bei Bruno Seidlhofer Klavier studieren wollte. Parallel zu ihrer Ausbildung als Pianistin besuchte sie den Kompositionsunterricht bei Alfred Uhl. Dieser vermittelte eigentlich keine avancierten Kompositionsverfahren. Dennoch präsentierte er einmal Musik von Luigi Nono. Dieses Hörerlebnis beeindruckte Luna Alcalay sehr und veranlasste sie Anfang der 60er Jahre die "Ferienkurse" in Darmstadt zu besuchen, dem damaligen Mekka für zeitgenössische Musik. Obwohl bis zu diesem Zeitpunkt ihre Ausbildung recht konservativ ausgerichtet war, gelang es Luna Alcalay ausgesprochen rasch den Weg der Avantgarde einzuschlagen.

Künstlerische Anregung und Förderung erfuhr Luna Alcalay durch den Komponisten und Dirigenten Bruno Maderna, der bei den "Darmstädter Ferienkursen" auch als Vortragender tätig war. 1968 leitete übrigens er die Uraufführung von Luna Alcalays Chorwerk "Una Strofa di Dante" im Großen Sendesaal des Wiener RadioKulturhaus.

Musiksprache

Zunächst war Luna Alcalays Musik sehr von der in Darmstadt kennengelernten seriellen Schreibweise geprägt, bei der ja im Vorhinein die Eigenschaften eines jeden einzelnen Tones festgelegt wird. Doch nach und nach begann sie sich davon zu lösen, einer a priori festgelegten Konzeption ganz streng zu folgen. Anfang der 70er Jahre entstand beispielsweise das Stück "New point of view", in dem auch aleatorische Abschnitte vorkommen und die Instrumente auf unkonventionelle Weise gespielt werden.

Auch wenn sich die Komponistin von der am Beginn der 60er Jahre kennengelernten seriellen Schreibweise losgelöst hat, war ihr kompositorischer Zugang doch noch in gewissen Ansätzen von dieser Technik geprägt.

Oeuvre

Vor allem in den 70er und 80er Jahren hat Luna Alcalay in ihren Kompositionen immer wieder mit Texten gearbeitet. Das Spektrum reicht von Opern, über Chorwerke, Stücke für Vokalistinnen und Vokalisten und Ensemble, sowie Sprecher oder Sprecherinnen mit Instrumentalbegleitung bis hin zu dem radiophonen Stück "homo sapiens". Als eines ihrer Hauptwerke betrachtete Luna Alcalay das 1984 entstandene Werk "Ich bin in Sehnsucht eingehüllt". Es handelt sich dabei um szenische Reflexionen über Gedichte von Selma Meerbaum, die 18- jährig im Konzentrationslager starb.

Text: Ursula Strubinsky

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Edition HH - Luna Alcalay