Italien: Schmiergeldskandal in der Lombardei

In Italien vergeht kein Tag ohne neue Schlagzeilen über Korruption und Veruntreuung von öffentlichen Geldern in den Institutionen der Peripherie, der Gemeinden, Provinzen und Regionen. In der Lombardei hat ein Mitglied der Regionalregierung sich gegen Geld Wählerstimmen von der Mafia liefern lassen – im Gegenzug für Gefälligkeiten.

Mittagsjournal, 11.10.2012

"Mafia erwartet sich Gefälligkeiten"

Es ist nichts Neues, dass Italiens Mafien nicht nur im Süden ihr Unwesen treiben. Ihre kriminellen Netze reichen längst auch in die wirtschaftlichen Zentren im Norden. Trotzdem ist der jüngste Fall ein Schock. Im Zentrum der politischen Macht, der vielgerühmten Lombardei, sitzt ein Mann im Dienst der N'Drangheta, der kalabrischen Mafia. Die handelnde Staatsanwältin ist keine andere als Ilada Boccassini, die schon dem Ex-Premier Silvio Berlusconi das Fürchten gelehrt hat. Boccasini erklärt den verheerenden Mechanismus: "Wenn ein Politiker sich von der Mafia korrumpieren lässt, dann ist klar, dass er zum Eigentum der gesamten Organisation wird, die sich von ihm Gefälligkeiten erwartet."

Korruption, Veruntreuung und Amtsmissbrauch

Zambetti heißt der überführte Mafia-Mann, Assessor für Wohnbau und Mitglied der Partei von Silvio Berlusconi. Zambetti ist aber nicht der einzige lombardische Politiker unter Anklage. 13 weitere Abgeordnete sind im Visier der Staatsanwälte, wegen Korruption, Veruntreuung oder Amtsmissbrauch. Die Mehrheit stammt aus der Partei Berlusconis. Aber auch Politiker des linken Partito Democratico und aus der Lega Nord haben sich an der skandalösen Selbstbereicherung in den Regionen beteiligt. Die Liste der Korrupten wird mit jedem Tag länger.

Täglich neue Schauergeschichten

Im Parlament der Region Latium, wo ein ungeheurer Spesenskandal die dort regierende Berlusconi-Partei bereits versenkt hat, wurde gestern ein neuer Dieb bekannt. Einer aus der Partei des einstigen "Mani-Pulite"-Staatsanwalts Antonio Di Pietro, wurde überführt, fast 800.000 Euro Parteigeld in die eigene Tasche verschoben zu haben. Und noch ein Stück weiter im Süden hat die Innenministerin per Notverordnung den gesamten Gemeinderat der Stadt Reggio Calabria aufgelöst, weil er total von der Mafia unterwandert war.

Italiens Bürgern stockt der Atem angesichts der täglich neuen Schauergeschichten. In Radio- und TV-Sendungen machen viele ihrer Empörung und Verzweiflung Luft. Der nationale Korruptionsskandal "Mani Pulite" vor 20 Jahren hat das Ende der ersten Republik markiert. Jetzt erlebt Italien das Ende der zweiten, mit großer Ungewissheit, was nachher kommt.