Was tun mit Kinderbetreuungsgeld?
Seit gut drei Jahren können Eltern Kosten für die Betreuung ihrer Kinder von der Steuer absetzen. Aber viele Familien nutzen diese Möglichkeit nicht, dem Staat bleiben 130 Millionen Euro übrig, die nicht abgeholt werden. Dieses Geld müsse unbedingt für die Familienförderung erhalten bleiben, sagt der Leiter des Instituts für Familienforschung, Wolfgang Mazal. Er schlägt vor, das Geld für den Ausbau der Kinderbetreuung auszugeben.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 5.11.2012
Nur ein Sechstel
Gerechnet hat die Politik mit Kosten von 165 Millionen Euro, geworden sind es bisher aber nur 36 Millionen. Die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten wird also von viel weniger Eltern in Anspruch genommen als geplant. Die Betreuungskosten können seit 2009 bis zur Höhe von 2.300 Euro jährlich für unter zehnjährige Kinder abgesetzt werden, das ist aber nur bei 135.000 von insgesamt 800.000 Kindern der Fall, also nicht einmal bei einem Sechstel. 130 Millionen Euro bleiben so liegen. Als Grund dafür sieht das Finanzministerium vor allem die Einführung von Gratiskindergärten und den Umstand, dass die Steuererklärung bis zu fünf Jahre rückwirkend gemacht werden kann.
"Erhebliche Zahl"
Für Familienforscher Mazal waren die Annahmen der Politik zu euphorisch: "Zum einen sind politische Annahmen zwar immer plausibel, aber keineswegs sicher. Und immerhin: Wenn 135.000 Personen dieses Angebot annehmen, ist das eine durchaus erhebliche Zahl, auch wenn sie hinter den ursprünglichen Annahmen zurückhinkt."
Außerdem ist die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten nur beschränkt bekannt, wie eine Umfrage des Frauenministeriums gezeigt hat. Nur ein Drittel der Befragten kennt demnach diese Möglichkeit.
Freibetrag bringt zu wenig
Auch der 2009 eingeführte Kinderfreibetrag bringt den Familien weniger als geplant. Er gilt für alle, die Familienbeihilfe erhalten. Auch hier sind bisher nur 76 der geplanten 175 Millionen Euro geltend gemacht worden. Mazal führt das auf die Einkommenssituation der Menschen zurück, die zu wenig verdienen, als dass sie von den steuerlichen Möglichkeiten profitieren können.
"Wir brauchen die Vielfalt"
Mazal fordert, dass die ungenutzten Millionen nicht einfach ins Budget fließen, sondern in "andere Formen der Kinderbetreuung" investiert werden. Als Beispiele nennt er Kinderkrippen, Kindergärten und Tagesmütter - also alle außerhäuslichen Betreuungseinrichtungen. Mazal plädiert gleichzeitig aber auch dafür, die steuerliche Absetzbarkeit zu erhalten. Denn es gebe in Österreich eine große Vielfalt von Familien, der auch eine Vielfalt an Förderungen gegenüber gestellt werden solle. "Wir brauchen die Vielfalt und sollten sich diese auch leisten."
Vom "Entweder-oder" in der Koalition, die ÖVP will ja mehr Steuervorteile für die Familien, die SPÖ dagegen eher den Ausbau von Sachleistungen, davon hält der Familienexperte also nichts.