Mehrheit der Wahlmänner entscheidet
Bei der US-Präsidentschaftswahl sind die einzelnen Staaten deshalb so wichtig, weil auch bei einer ganz knappen Mehrheit der Kandidat den gesamten Staat gewinnt, oder anders gesagt: bei einer knappen Niederlage sind alle Stimmen für den unterlegenen Kandidaten verloren. Der Grund liegt im Wahlmänner-System in den USA.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 6.11.2012
Indirekte Wahl
Es mag seltsam klingen, aber heute wird gar nicht der amerikanische Präsident gewählt. Denn die Wahl des Präsidenten findet erst am 17. Dezember statt. Das ist dem amerikanischen Wahlsystem geschuldet, das eine indirekte Wahl vorsieht. Gewählt werden heute die sogenannten Wahlmänner in den 50 Bundesstaaten und in der Hauptstadt. Es gibt 538 Wahlmänner, das entspricht der Zahl der Abgeordneten zum Kongress und zum Senat plus drei für die Hauptstadt Washington. Aufgeteilt sind die Wahlmänner nach einem Bevölkerungsschlüssel, große Bundesstaaten stellen viele, kleine wenige. Der Kandidat auf den in einem Bundesstaat die Mehrheit der Stimmen der Bevölkerung entfällt, der bekommt alle Wahlmännerstimmen. Das Prinzip heißt "the winner takes it all" - der Gewinner bekommt alles. Nur Nebraska und Maine teilen die Wahlmännerstimmen proportional auf.
270 Stimmen nötig
Am 17. Dezember treffen einander die Wahlmänner jedes Bundesstaates dann in der jeweiligen Hauptstadt und geben ihre Stimme ab. Es kommt also für die beiden Kandidaten Obama und Romney darauf an, die Mehrheit der Wahlmännerstimmen zu bekommen. Die entscheidende Zahl ist dabei 270. Wer 270 Wahlmännerstimmen bekommt, ist Präsident. Dabei könnten die Wahlmänner in mehr als der Hälfte der Bundesstaaten frei entscheiden, wen sie wählen - sie müssten gar nicht dem Wählerwillen entsprechen. Allerdings hat es in der US-amerikanische Geschichte nur wenige Abweichungen gegeben, in mehr als 99 Prozent der Fälle stimmten die Wahlmänner so, wie die Bevölkerung das durch ihr Votum verlangt hat.
Obama klar voraus?
Dreimal sind übrigens bereits Kandidaten Präsident geworden, die nicht die bundesweite Mehrheit der Stimmen der Bevölkerung gewinnen konnten. Zuletzt ist das George Bush im Jahr 2000 gegen Al Gore gelungen, Bush bekam damals eine halbe Million Stimmen weniger, wurde aber mit 271 Wahlmännerstimmen zum Präsidenten gewählt. Daher sind die Informationen über ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Obama und Romney auch mit Vorsicht zu genießen. Der Umfrage- und Statistik-Guru der USA, Nate Silver, sieht übrigens Obama derzeit mit 307 Wahlmännerstimmen und einer mehr als 86-Prozentigen Chance zu gewinnen klar voraus.