U-Auschuss-Reform steckt fest
Im österreichischen Parlament entscheidet die Mehrheit, ob Missstände kontrolliert werden oder nicht. Die Kontrolle über die Kontrolle aus der Hand zu geben, das haben die Regierungsparteien allem Anschein nach nicht vor, schon gar nicht wenige Monate vor der Wahl. Seit über einem Jahr stecken die Verhandlungen fest.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 23.11.2012
Reform nach deutschem Vorbild
Kurz hat es nach Bewegung bei der SPÖ ausgesehen. Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter hat in der Kleinen Zeitung auch an seinen eigenen Klub appelliert. Man möge über den eigenen Schatten springen und U-Ausschüsse nach deutschem Vorbild reformieren. Und zwar noch vor der Nationalratswahl im kommenden Jahr. Nach deutschem Vorbild würde bedeuten: ein Viertel der Abgeordneten kann einen U-Ausschuss einsetzen, es gibt keine Beschränkung beim Thema und - an diesem Detail sind die Verhandlungen hierzulande bis jetzt gescheitert - in Streitfällen entscheidet das Bundesverfassungsgericht, in Österreich wäre das der Verfassungsgerichtshof.
Widersprüche in der SPÖ
Kräuters Parteikollege, der Klubobmann der SPÖ Josef Cap, sieht das allerdings weiterhin anders: Das deutsche Modell sei nicht 1:1 auf Österreich übertragbar, eine Schiedsstelle für Streitfälle sollte im Parlament und nicht außerhalb angesiedelt sein. Das sei noch immer seine Meinung. Zu klären seien auch noch andere Punkte, etwa wer den Vorsitz führen soll. Er stehe aber jederzeit für Verhandlungen bereit. Einen Beschluss noch in dieser Legislaturperiode bezeichnet Cap als denkbar: "Das wäre ein gutes Signal."
ÖVP: Augenauswischerei
Dass die SPÖ diese Reform wirklich beschließen will, bezweifeln allerdings die anderen Parteien. Angesichts der widersprüchlichen Aussagen von Kräuter und Cap spricht ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf von einem Ablenkungsmanöver. Kopf selbst ist weiterhin für den Verfassungsgerichtshof als Schiedsgericht, das funktioniere auch in Deutschland, eine Schiedsstelle innerhalb des Parlaments kommt für ihn nicht in Frage: "Das wäre wieder ein parteipolitisches Gremium. Das bringt nichts. Das ist Augenauswischerei."
FPÖ: Verzögerungstaktik
Die vier Oppositionsparteien wollen sich beim Streitthema Schiedsgericht nicht festlegen, schäumen aber angesichts unerfüllter Ankündigungen der Regierungsparteien, die die Reform des U-Ausschusses als Minderheitsrecht schon vor drei Jahren fix per Unterschrift versprochen haben. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky: "Ich befürchte, das Rot und Schwarz das in bewährter Manier in die Länge ziehen wollen und hoffen, dass Neuwahlen die ganze Sache enderledigen."
Grüne: Täuschungsmanöver
Ähnlich auch die Klubobleute von BZÖ und Team Stronach. Auch die Grüne Eva Glawischnig sieht ein Täuschungsmanöver, vor allem bei der SPÖ: "Ich halte diese Ankündigungen für heuchlerisch und ausschließlich dafür geeignet, die öffentlichkeit darüber hinwegzutäuschen, dass man das grundsätzlich nicht will." Sollten die Regierungsparteien bis März nicht einlenken, wollen die Grünen ein Volksbegehren dazu starten.
Verhandlungen vermutlich vertagt
Dass die Reform gelingt, und das auch noch vor der Wahl in rund 10 Monaten, glauben die Oppositionsparteien nicht mehr. Auch ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf ist skeptisch: "Manchmal hat man das Gefühl, man ist schon im Vorwahlkampf. Mehr als 50 Prozent Chance sehe ich da nicht mehr." Dass die Verhandlungen zur U-Ausschuss-Reform in nächster Zeit wieder aufgenommen werden, ist also nicht wirklich zu erwarten.