Russlands Medien im Dienst der Propaganda
In Russland kann von einer freien Presse keine Rede sein. Die Medien agieren im Auftrag der politischen Führung, ganz in der Tradition der sowjetischen Propaganda. Das Internet hat das Informationsmonopol der Obrigkeit zwar aufgebrochen, mit neuen Gesetzen will der Staat aber auch diese gerade erst entstandene Meinungsfreiheit wieder einschränken.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 23.10.2012
Putin, Putin, Putin..
Wenn Abendnachrichten im staatlichen ersten Kanal beginnen, kann man ziemlich sicher sein, worum es im ersten Beitrag gehen wird: Um Wladimir Putin, der jemanden empfängt, etwas eröffnet oder sonst irgendetwas tut. Auch in den folgenden Beiträgen werden die Aktionen der Führung gelobt, gegen Ende noch chronikale Meldungen und Beiträge aus dem Ausland, meist mit einem anti-westlichen Unterton. Die Nachrichten auf den anderen Sendern sehen auch nicht wesentlich anders aus.
Keine vierte Macht im Staat
Fernsehen ist für die große Mehrheit der Bevölkerung das wichtigste oder überhaupt das einzige Medium, erklärt Tichon Dsjadko, Vertreter von Reporter ohne Grenzen in Russland und Reporter beim Radiosender Moskauer Echo: "Die Medien sind für die meisten Menschen kein Mittel der Information, sondern der Unterhaltung oder der Ablenkung von der Wirklichkeit, durch Serien oder Talk-Shows. Medien sind in Russland keine vierte Gewalt der Demokratie. Schon dieser Ausdruck bedeutet ja, dass sie Macht haben müssten, die Tagesordnung zu bestimmen, und die haben sie in Russland nicht, eher umgekehrt, die Obrigkeit benützt die Medien um bestimmte Ziele zu erreichen."
Finanzielle Knebelung
Neben dem Fernsehen, das praktisch vollkommen unter staatlicher Kontrolle ist, spielen Radio und Zeitungen nur Nebenrollen, und auch das nur in Moskau und einigen anderen Großstädten. Die Auflagen der wenigen unabhängigen Zeitungen sind gering, zwischen 100.000 und 300.00 Stück - praktisch nichts in einem Land mit 140 Millionen Einwohnern. In diesen privaten Medien gibt es keine direkte Zensur, meint Dsjadko, der Druck auf Eigentümer und Herausgeber werde auf anderem Weg ausgeübt: "Das Problem wird auf finanziellem Weg gelöst. Zensur kann so ausgeübt werden, dass man sie anruft und bedroht, oder es kann eine Situation entstehen, in der sie die Zeitung nicht drucken, ihre Angestellten nicht bezahlen können. So ist das zum Beispiel bei der Zeitung New Times, in dem laut einem ungeschriebenen Gesetz für die PR-Abteilungen keine Inserate geschaltet werden dürfen."
"Immerhin werden wir noch nicht erschossen!"
Aber auch direkte Einschüchterung der Journalisten bleibt ein Problem. Seit dem Amtsantritt von Wladimir Putin sind 26 Journalisten ermordet worden, die bekannteste von ihnen Anna Politkowskaja. Kein einziger dieser Morde wurde aufgeklärt. Positiver sieht Dsjadko die Entwicklung des Internet, trotz der neuen Zensurgesetze, die im Herbst in Kraft getreten sind. Einige Seiten wurden zwar gesperrt, die Obrigkeit sei aber weit davon entfernt eine Art chinesischer Mauer im Netz aufbauen zu können. Gleichzeitig hätten aber nur etwa 30 Prozent der Bevölkerung regelmäßig Zugang zum Netz, im Wesentlichen die Bewohner der großen Städte. Was Prognosen angeht ist Tichon Dsjadko vorsichtig. Dass der Druck auf die Medien nachlasse, glaubt er aber nicht: "Schauen sie sich das Verhalten der Sicherheitsbehörden an, die Urteile der Gerichte, wie man Journalisten behandelt, das geht klar in Richtung eines totalitären Regimes. Man kann natürlich auch sagen: Immerhin werden wir noch nicht erschossen. Vielen Dank!"
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