Filzmaier: "KPÖ siegt durch Glaubwürdigkeit"
Den Erfolg der KPÖ bei der Grazer Gemeinderatswahl sieht der Politologe Peter Filzmaier in der richtigen Themenwahl und der Glaubwürdigkeit der Partei. Das Thema Wohnungspolitik sei von allen anderen Parteien sträflich vernachlässigt worden. Das Thema hätte die KPÖ bereits vor zehn Jahren besetzt, erklärt Filzmaier im Gespräch mit Andrea Maiwald.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 26.11.2012
Peter Filzmaier im Gespräch mit Andrea Maiwald
Kahr "glaubwürdige Kommunikatorin"
Bereits unter Elke Kahrs Vorgänger Ernest Kaltenegger sei das Thema Wohnungspolitik besetzt worden. Durch diese Themenstärke und eine glaubwürdige Kommunikatorin habe sich die KPÖ bei der Wohnpolitik bewährt, sagte Filzmaier im Ö1-Morgenjournal.
Die Landespolitik habe den Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) nicht unterstützt und das bundespartei-Image sei nachteilig gewesen, meinte Filzmaier. Nagl habe sich aber ein hausgemachtes Problem eingehandelt, da er als Mobilisierungs-Gag die absolute Mehrangestrebt habe. "Das war vollkommen realitätsfern", stellt Filzmaier fest. Deswegen müsse sich nun Nagl auch die Frage gefallen lassen, warum das Ergebnis im Verhältnis zur absoluten Mehrheit so viel schlechter sei.
"Nichts Konkretes von der SPÖ"
Eine kurzfristige Allianz für seine Wiederwahl als Bürgermeister werde Nagl wahrscheinlich zustande bringen. Die FPÖ habe bereits angekündigt, Nagl zu wählen. Nagls Problem sei aber die langfristige Allianz, die dann fünf Jahre lang halten soll.
Die SPÖ habe es geschafft intern noch mehr zu streiten als die Stadtkoalition, so Filzmaier. In fünf Jahren habe es fast jährlich einen neuen Vorsitzenden gegeben. Außer allgemeinen Slogans zu Bildungs- und Sozialpolitik habe die SPÖ nichts Konkretes vermittelt. "Warum sollte es denn besser sein als beim letzten Mal", sagte der Politologe.
Kein Protestmonopol für FPÖ
Angesichts des geringen Stimmenzuwachses der FPÖ stellt Filzmaier fest, dass die Freiheitlichen in Graz kein Monopol auf die Protestwähler gehabt hätten. Den Piraten hätten für den Einzug in den Gemeinderat nur ein paar tausend Stimmen gebraucht. Der große Medienhype um die Piraten sei vorbei, nun müssten sie sich bewähren, so Filzmaier.
"Bundespolitisch nicht irrelevant"
"Es ist eine Tatsache, dass wir mit mehreren Kleinparteien und einigen Mittelparteien konfrontiert sind", sagte Filzmaier auf die Frage, welche Schlüsse für die Bundespolitik aus dem Grazer Wahlergebnis zu ziehen sind. Es gebe nicht mehr das "klassische Verhältnis" von zwei Großparteien und Kleinparteien. Auch die Grazer Themen seien bundespolitisch nicht ganz so irrelevant.
Wohnqualität und Mieten sei auch in Wien gerade das Thema Nummer eins - dort würden die Grünen versuchen, das Thema zu besetzen. Und Themen wie Korruption seien sowieso bundespolitisch relevant und würden den etablierten Parteien die größten Probleme verschaffen. "Das Wahlverhalten wird nicht durch die Graz-Wahl bestimmt. Die Themenwahl ist aber ähnlich", sagte Filzmaier.