Fischer-Besuch: Argentinien in Dauerkrise

Bundespräsident Heinz Fischer ist auf Staatsbesuch in Argentinien. Begleitet wird er wie bei solchen Besuchen üblich von Geschäftsleuten, die versuchen Kontakte zu knüpfen und Geschäfte zu fixieren. Argentinien hat, gerade was die Wirtschaft betrifft, bewegte Jahre hinter sich. Vor zehn Jahren pleite, hat sich das Land dann einigermaßen vom Druck der Gläubiger befreit, aber, wie sich jetzt herausstellt nur vorübergehend. Die Menschen sind zermürbt von der wirtschaftlichen Dauerkrise.

Mittagsjournal, 3.12.2012

Inflation und Importbeschänkungen

Im frühlingshaften Buenos Aires schmücken die ersten Plastikweihnachtsbäume die Schaufenster. Doch von besinnlicher Stimmung ist derzeit in Argentinien wenig zu spüren. Immer mehr Argentinier lehnen sich gegen die von der Regierung implementierten politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen auf. Der 28-jährige Automechaniker Pablo Gomez klagt über die Importrestriktionen und die Inflation: "Das Geld, das ich täglich verdiene, reicht nicht mehr aus. Ich könnte heute viel mehr als noch vor zwei Jahren verdienen, doch das Geld ist wertlos. Durch die Importrestriktionen ist meine Arbeit beeinträchtigt, denn ich bekomme keine Ersatzteile mehr, die nationalen Produkte sind schlechter Qualität und taugen nichts, und wenn Du Qualität kaufen möchtest, findest Du nichts und ein Ersatzteil, das früher 100 Pesos gekostet hat, ist heute 300 Pesos wert - doch die Leute haben kein Geld."

Kampf gegen Staatsbankrott

Während die Regierung von einer Inflation von zehn Prozent spricht, liegen die inoffiziellen Zahlen zwischen 25 und 30 Prozent. Doch der Sorgen nicht genug - jetzt hat die US-Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Argentiniens um fünf Noten herabgesetzt mit der Begründung, dass Argentinien unter anderem nicht die 1,3 Milliarden Dollar zurückzahlen könne, die es seit dem Staatsbankrott von vor zehn Jahren bei privaten Gläubigern habe. Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner erklärte: "Ihr Geschäft ist nicht, dass wir zahlen, sondern dass wir nicht zahlen. Doch ich habe eine sehr schlechte Nachricht, wir werden zahlen!"

In ihren Reden schlägt die argentinische Präsidentin ein immer häufiger nationalistischen und kämpferischen Ton an, der sich unter anderem gegen Institutionen wie den Internationalen Währungsfonds richtet: "Ihr Traum war es, dass uns das Geld ausgeht, oder dass ich nicht wiedergewählt werde. Diese beiden Träume hatten sie. Denn sie wussten, dass vieles dann anders laufen würde. Und wenn wir kein Geld mehr hätten, könnten wir unsere Schulden nicht begleichen. Denn soll ich Euch was sagen, jedes Mal, wenn Argentinien vor dem Aus stand, waren sie es, ganz wenige, die sich ihre Taschen mit Gold und Silber gefüllt haben auf Kosten der Argentinier, deswegen wollen sie unsere Zahlungsunfähigkeit."

Kichner im Abwind

Viele Argentinier empfinden derweilen, dass es vielmehr die politischen Maßnahmen der Regierung sind, wie die massiven Einschränkungen im Ankauf von Devisen für Reisen nach Europa oder den USA, die auf Kosten der Argentinier gehen. So erklärt der Analyst Sergio Berenzstein: "Das Ansehen der Präsidentin sinkt immer mehr. So lag es im Januar bei 70 und heute liegt es nur noch bei 36 Prozent. Das ist ein Verlust von 50 Prozent innerhalb von kürzester Zeit und ist ein Zeichen für den sinkenden Einfluss und des Prestige der Präsidentin."

Derweilen hat dieser Tage in Buenos Aires der Prozess gegen 68 Beteiligte an den berüchtigten Todesflügen zur Zeiten der Militärdiktatur begonnen. 789 Menschen kamen damals in diesen Flügen ums Leben.