China verschärft Gebietsansprüche

Im Streit um Gebietsansprüche im südchinesischen Meer setzt China gegenüber seinen Nachbarn weiter auf Provokation. Peking hat angekündigt, in den umstrittenen Gewässern die Patrouillen zu verstärken. Der neue chinesische Reisepass, auf dem die strittigen Gebiete einfach als chinesisches Territorium dargestellt werden, sorgt ebenfalls für Kritik. Chinas Nachbarn sprechen von bewusster Eskalation.

Mittagsjournal, 4.12.2012

Aus Peking berichtet

China provoziert Nachbarn

Rund eine Million moderner Reisepässe mit Mikrochip haben die chinesischen Behörden bereits seit Mai ausgegeben. Und was darin zu sehen ist, missfällt Chinas Nachbarn ganz gewaltig. Auf den 48 Seiten des Passes ist unter anderem eine Karte als Hintergrund aufgedruckt. Und die zeigt eine gestrichelte Grenzlinie, die den größten Teil des südchinesischen Meeres als chinesisches Hoheitsgebiet darstellt. Und damit eine Region, die zu Teilen auch von Vietnam, den Philippinen, Brunei oder Malaysia beansprucht wird. Vietnam und die Philippinen weigern sich seither, chinesische Pässe abzustempeln. Visa gibt es nur mehr auf separatem Papier.

Auch Indien greift zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Da sich China umstrittene Grenzgebiete auf der Karte in den Reisepässen einfach zugeschlagen hat, stempelt die indische Botschaft in Peking seit kurzem mit dem Visum gleich ihre eigene Karte in den chinesischen Pass.

"Besorgnis und Angst"

Der Reisepass gilt den Nachbarn mittlerweile als Beleg dafür, dass China immer offensiver seine territorialen Ansprüche untermauern will. Dass Peking außerdem die Patrouillen im südchinesischen Meer verstärken wird und, wie es heißt, gegen ausländische Schiffe vorgehen will, die illegal in die Gewässer Chinas eindringen, nährt die Befürchtungen der Nachbarn nur noch weiter. Von Jänner an sollen die neuen Vorschriften gelten, wonach Schiffe geentert und zur Kursänderung gezwungen werden können. Die Nachbarn protestieren gegen das Vorhaben, der Generalsekretär der ASEAN, der Organisation Südostasiatischer Staaten, spricht von einer ernsten Situation: "Chinas Verhalten sorgt für Besorgnis und Angst. Und gibt uns das Gefühl, dass sich die Spannungen verstärken. Ich glaube, dass zwar alle Parteien die Gefahr von Missverständnissen reduzieren wollen. Aber derzeit sind viele Leute in unseren Ländern zutiefst misstrauisch."

Wachsende US-Präsenz

China hat den Ton mittlerweile etwas gemäßigt. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking meinte, dass China die Freiheit der Schifffahrt voll unterstütze und jeden Disput mit den Nachbarn friedlich lösen will. Doch weicht Peking auch im Inselstreit mit Japan - da geht es um unbewohnte Inseln im ostchinesischen Meer - keinen Meter mehr zurück. Und der Beobachter bekommt langsam das Gefühl, dass die chinesischen Gebietsansprüche in den umliegenden Meeresregionen langsam aber sicher zu unverhandelbaren Positionen chinesischer Außenpolitik werden.

Misstrauisch beäugt man in Peking auch die verstärkte amerikanische Militärpräsenz im Pazifik. Und scheint nicht zu verstehen und erkennen, dass eben gerade solche Muskelspiele gegenüber den Nachbarn diese Länder in die Arme Washingtons treiben. Während Japan und die Philippinen über eine Festigung ihrer strategischen Allianz mit den USA nachdenken, entspannt sich nach dem dortigen Beginn der Reformen auch die Beziehung zwischen Myanmar und den USA. Und auch mit dem Erzfeind Vietnam haben die USA bereits ein Militärabkommen unterzeichnet und auch eine stärkere Wirtschaftskooperation vereinbart.