Schlussplädoyers im BAWAG-Prozess
Im großen Wiener Schwurgerichtssaal müssen heute nach Ernst Strasser und Alfons Mensdorff-Pouilly wieder Wolfgang Flöttl und weitere sechs Angeklagte im BAWAG-Prozess Platz nehmen. Schon für Dienstag hat der Richter die Urteile in Aussicht gestellt. Heute werden die Verteidiger ihre Schlussplädoyers vortragen. Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner wird dem Prozess wieder aus gesundheitlichen Gründen fernbleiben, sagt sein Anwalt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 14.12.2012
Neubemessung von Strafen
Der voraussichtlich vorletzte Verhandlungstag im Verfahren "BAWAG II" hat im wesentlichen drei Punkte auf der Tagesordnung: Der Richter entscheidet über noch offene Anträge, außerdem werden frühere Aussagen aus dem ersten BAWAG-Verfahren verlesen und die Verteidiger tragen ihre Schlussplädoyers vor. Im Wesentlichen geht es um die Neubemessung der Strafen für Wolfgang Flöttl und sechs weitere Angeklagte. Die früheren BAWAG-Generaldirektoren Helmut Elsner und Johann Zwettler sind bereits rechtskräftig verurteilt: Elsner zu zehn Jahren Haft, Zwettler zu fünf Jahren - beide sind derzeit jedoch aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht im Gefängnis.
Elsner befindet sich nach Angaben seines Anwaltes Andreas Stranzinger nach wie vor in Deutschland. Elsners Zustand sei unverändert schlecht, er habe ein chronisches Leiden an Herz und Lunge, so Stranzinger, und es bedeute eine permanente Stressbelastung, die sich steigere, wenn er Gerichtstermine wahrzunehmen habe. Elsner ist im "BAWAG II"-Verfahren kein einziges Mal vor Gericht erschienen. Er ist allerdings nur mehr als Zeuge geladen, strafrechtlich ist er rechtskräftig zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt. Die BAWAG versucht jedoch im Rahmen einer Privatklage, das Geld aus Elsners Pensionsabfindung zurückzuholen.
Doch keine Bilanzfälschung?
Die Strafen der anderen Angeklagten hat der Oberste Gerichtshof ganz oder teilweise aufgehoben. Sie sind im ersten Verfahren wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue schuldig gesprochen worden. Alle außer Wolfgang Flöttl haben auch eine Strafe wegen Bilanzfälschung erhalten. In diesem Punkt hat sich im "BAWAG II"-Verfahren etwas verändert: Gutachter Thomas Keppert hat die Bilanz der BAWAG für das Jahr 2003 für richtig erklärt - im ersten Verfahren war diese Bilanz noch für rechtswidrig befunden worden. Somit könnte der Vorwurf der Bilanzfälschung nach Einschätzung des Gutachters nur noch auf das Jahr 2002 zutreffen. Doch eine allfällige Bilanzfälschung 2002 wäre bereits verjährt, wenn dies der einzige Vorwurf wäre. Sollte jedoch ein Untreuedelikt hinzukommen, könnte die Bilanzfälschung als solche sehr wohl noch geltend gemacht werden.
Die Schlussplädoyers werden heute im Großen Schwurgerichtssaal vorgetragen, das Urteil wird wegen Kollision mit dem Mensdorff-Pouilly-Verfahren am kommenden Dienstag in einem kleineren Saal verkündet.