Iván Fischer im Wiener Konzerthaus
Auf Einladung der Jeunesse war der ungarische Dirigent Iván Fischer mit seinem Budapester Festival Orchester im Wiener Konzerthaus zu Gast. Iván Fischer gilt wie sein Bruder Adam als Kritiker der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán und hat dies gestern auch in Wien artikuliert. Danach hat er Bartóks "Herzog Blaubarts Burg" und "Der wunderbare Mandarin" dirigiert.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 17.12.2012
Höchst tragische Handlungen mit irrealen Zügen prägen Béla Bartóks Pantomime "Der wunderbare Mandarin" und den Opern-Einakter "Herzog Blaubarts Burg". Dazu hat der ungarische Komponist eine stark emotionale Musik mit expressionistischer Kraft geschrieben. Umgesetzt wurden die beiden musikdramatischen Werke am Podium des Wiener Konzerthauses auf packende Weise und sogar mit szenischen Elementen.
Béla Bartók war ein musikalischer Kosmopolit und Erforscher fremder Musikkulturen. Zudem trat er als scharfer Kritiker von Nationalismus und Rassismus auf. Würde sich der Komponist im heutigen Ungarn umschauen, wäre er entsetzt über den Triumph nationaler Gesinnungen, meint Dirigent Iván Fischer. Er beobachtet in der ungarischen Bevölkerung eine tiefe Spaltung.
Keine Einschnitte befürchtet
Die ungarische Regierung unter Viktor Orbán macht sich die Stimmungslage in der Bevölkerung zunutze - mit den bereits bekannten Folgen auch für die Kulturszene des Landes. Für scharfe Kritik im In- und Ausland sorgte etwa die Bestellung des national gesinnten György Dörner, der als Antisemit gilt, zum Intendanten des Neuen Theaters in Budapest.
Iván Fischers Bruder Adam Fischer zog sich als Generalmusikdirektor der Budapester Staatsoper zurück - aus Protest gegen politische Postenbesetzungen. Ähnliche Eingriffe habe er bei seinem Budapester Festival Orchester derzeit nicht zu befürchten, sagt Iván Fischer, denn der renommierte Klangkörper sei von einer privaten Stiftung getragen und daher unantastbar.
Vorsichtiger Optimismus
Zwar gebe es Versuche von politischer Seite, das Budapester Musikleben weg von der Avantgarde und hin zu nationaler Repräsentationskultur zu drängen, doch diese Versuche seien lächerlich und zum Scheitern verurteilt, sagt Iván Fischer. Besorgniserregend hingegen sei, dass die ohnehin sinkenden Kultursubventionen zunehmend nach ideologischen Gesichtspunkten verteilt würden. Dennoch ist Fischer vorsichtig optimistisch. Die Luft werde zwar dünner, aber noch sei man da, noch lebe man und gebe nicht auf.
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