Die NS-Vergangenheit der Philharmoniker

Bis zu 50 Millionen Menschen weltweit werden am 1. Jänner wieder das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker sehen. Die Philharmoniker sind eine ehrwürdige Institution, das Orchester hat allerdings in der Zeit des Nationalsozialismus eine fragwürdige Rolle gespielt. Das zu verschleiern, werfen die Grünen dem Chef der Philharmoniker, Clemens Hellsberg, anhand neuer Details vor.

Morgenjournal, 19.12.2012

Grüne Vorwürfe

Dass auf der Geschichte der Wiener Philharmoniker ein brauner Schatten liegt, ist nicht neu. Aber der Vorstand der Philharmoniker Clemens Hellsberg habe nach wie vor ein Problem damit, sich umfassend dazu zu bekennen, sagt der Grün-Abgeordnete Harald Walser: "Clemens Hellsberg verhindert seit Jahren eine kritische Aufarbeitung der Geschichte der Philharmoniker, reagiert nur auf Druck und gibt sein Archiv immer nur zum Teil frei."

Und Walser nennt ein Beispiel: 1942 hat der Kriegsverbrecher Baldur von Schirach, damals Gauleiter von Wien und für die Deportation von Zehntausenden Juden mitverantwortlich, den Ehrenring der Wiener Philharmoniker verliehen bekommen. Was Vorstand Hellsberg, der sich auch als quasi Biograph des Orchesters versteht, in seinem Buch verschwiegen hat. Und nach Schirachs Entlassung aus dem Kriegsverbrechergefängnis in Spandau 1966 soll ihm ein Emissär der Philharmoniker ein Duplikat des Ehrenrings überbracht haben Der Grüne Harald Walser dazu: "Das sind unerträgliche Vorfälle, und die Philharmoniker sind angesichts ihrer Geschichte - einer Geschichte auch des Antisemitismus, auch der Unterstützung totalitärer Regimes - gefordert, endlich klar Schiff zu machen."

Nein zu Historikerkommission

Philharmoniker-Vorstand Clemens Hellsberg sagt, er habe im Archiv gesucht und darüber nichts gefunden. Er gehe von einer Einzelaktion aus, "die in keiner Weise für die Winer Philharmoniker steht." Wenn das ein formeller Beschluss wäre, würde er nicht zögern, das offen zu legen, so Hellsberg. Dass diesbezüglich Teile aus dem Archiv fehlen, könne er sich nicht vorstellen.
Eine Historikerkommission könnte da Klarheit schaffen, aber für Hellsberg kommt das nicht in Frage: "Nein, warum sollen wir eine Kommission beantragen. Es kann jeder Wissenschaftler, jeder Forscher kommen und sich das anschauen. Er wird in keiner Weise behindert."

Homepage wird überarbeitet

Hellsberg fühlt sich missverstanden und zu Unrecht angegriffen. Die Internet-Seite der Wiener Philharmoniker spricht gegen ihn. Dort wird genau das Geschichtsbild gepflegt, das die Kritiker Hellsberg vorwerfen. Geschönt und wider die historischen Fakten, wie sie der Historiker Fritz Trümpi 2011 veröffentlicht hat. Clemens Hellsberg dazu: "Man kann nicht von uns erwarten, dass immer sofort alles eins zu eins umsetzen." An der Homepage arbeite man schon fast ein Jahr. Ende Mai 2013, so verspricht der Philharmoniker-Vorstand vage, soll es einen komplett neuen Web-Auftritt geben - ein eigenes Kapitel über die NS-Zeit inklusive.