Unruhen in Indien nach Vergewaltigungen

Nach gewaltsamen Protesten in Indien hat Ministerpräsident Manmohan Singh in einer Fernsehansprache zur Ruhe aufgerufen. Die Proteste waren ausgebrochen, als vor über einer Woche eine 23-Jährige in einem Bus von sechs Männern vergewaltigt und schwer verletzt worden ist. Diese Tat löste in Indien landesweit Empörung aus.

Mittagsjournal, 24.12.2012

Appell an Bevölkerung: "Ruhe bewahren"

Lang hat er zu der gewaltsamen Protestwelle geschwiegen, erst jetzt meldet sich Ministerpräsident Singh zu Wort. In einer zweiminütigen Fernsehansprache gibt sich Singh väterlich: "Als Vater von drei Töchtern teile ich ihre Wut". Er bezeichnet die Vergewaltigung als scheußliches, widerliches und monströses Verbrechen. Doch die anhaltende Gewalt lehnt der indische Ministerpräsident ab, er sei traurig darüber. Sinnlose Gewalt bringe uns nicht weiter, betont Singh. Er appelliert an die Bevölkerung Ruhe zu bewahren, die Regierung werde alles tun, um Indiens Frauen zu schützen.

Tausende fordern Gerechtigkeit

Bisher ist das offenbar nicht geschehen. In der Hauptstadt Neu Delhi wird alle achtzehn Stunden eine Vergewaltigung gemeldet, die Dunkelziffer dürfte aber noch weit höher sein. Auch deshalb gingen Tausende Menschen auf die Straßen und verlangten Gerechtigkeit. Vor allem in den vergangenen zwei Tagen ist es in Neu Delhi zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Polizei setzte Tränengas, Gummiknüppel und Wasserwerfer ein.

Das Regierungsviertel in Neu Delhi ist abgeriegelt, in der Nähe liegenden Bahnhöfe sind geschlossen. Die Polizei teilt heute mit, über hundert Menschen seien auf beiden Seiten verletzt worden. Die 23-jährige Studentin ist vor über einer Woche in einem Bus vor den Augen ihres Freundes von sechs Männern vergewaltigt und mit einer Eisenstange geschlagen worden. Danach warfen die Männer das Paar aus dem fahrenden Bus. Das Mädchen liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Fünf der mutmaßlichen Vergewaltiger sind in Haft.