Krimi von Rainer Nikowitz

Volksfest

Vor längerer Zeit ist mir in "Ex libris" die vielleicht unbedachte, aber - so hoffe ich - nicht unbedarfte Äußerung entkommen, dass der österreichische Krimi, wenn überhaupt, dann nur im ländlichen Biotop existieren könne.

Der ganze Schaden, der seit Jahrzehnten mit den "Wiener Tatort-Filmen" und ähnlichen "Großstadtkrimis" hierzulande angerichtet worden sei, bedeute eine Desavouierung des Genres über Jahrzehnte hinaus. "Kottan" - das sei nur noch die spitzfindig-surrealistische Überhöhung dieser literarisch-filmischen Tragödien gewesen. Soweit die Meinung von damals, und soweit auch meine Meinung bis heute.

Also reden wir jetzt übers Land. Reden wir über ein "Volksfest" - so auch der Titel des Krimis, den der "profil"-"Kolumnist" Rainer Nikowitz geschrieben hat.

Anders, als man denkt

Die Geschichte spielt in Niederösterreich, nahe Tulln. Der sogenannte "Held" ist der Inbegriff eines Versagers und Dauer-Kiffers, seit Jahren nach Wien verzogen, jetzt soll er ein paar Tage lang das Elternhaus inklusive Hund hüten. Naturgemäß kommt es anders, als man denkt oder kifft, und in diesem Dorfidyll - besetzt von Feuerwehren, Kameradschaftsbünden und militanten Betschwestern - hat der ehemalige Einheimische namens Suchanek nur geringe Chancen. Noch dazu, wenn er zum Zeugen des ersten Mordes wird und sich in weitere Ermittlungen verstricken lässt.

Auf den nächsten Seiten, in den nächsten Kapiteln, folgt eine durchaus amüsant geschilderte "tour de force": ein "Volksfest" mit priesterlicher Autoweihe, ein trittkräftiges Fußballmatch, eine mehr als zugängliche Bardame und eine Leiche, die aus dem Abflusskanal des Dorfes herausgepumpt wird.

Am Ende dieses ländlichen Schreckens, das kann man schon verraten, kommen die Guten davon. Zumindest: die meisten von ihnen.

Amüsement bei der Lektüre

Wer den Kolumnisten und Satiriker Rainer Nikowitz schätzt - also das "profil" gemeinhin von hinten nach vorne liest -, der wird mit diesem Buch seine wahre Freude haben. Mir persönlich sind es der aufgesetzten Sprachspielereien und Kalauer am Ende doch zu viele.

Fazit: Weniger "Wuchteldrucken", wie es im Wienerischen heißt, wäre mehr gewesen. Trotz allem zugegebenem Amüsement bei der Lektüre. Wir wollen ja nicht auch noch erleben, dass selbst der ländliche Boden, aktuell ohnehin schon ausreichend gestraft mit den TV-Cops und SOKOS von Rosenheim bis Kitzbühel - zugegeben: Rosenheim liegt hinter der Grenze, aber trotzdem - dass auch dieser fruchtbare Boden kriminalliterarisch nur noch eingeschränkt beackert werden kann.

Service

Rainer Nikowitz, "Volksfest", Rowohlt Taschenbuch

Rowohlt - Volksfest