Der Geschmack von Rost und Knochen
2009 erhielt der Franzose Jacques Audiard für seinen Film "Ein Prophet" den großen Preis der Jury bei den Filmfestspielen in Cannes. Heuer ging sein neuer Streifen "Der Geschmack von Rost und Knochen" als offizieller französischer Beitrag zwar leer aus, bei den Kritikern und beim französischen Publikum war er bisher aber höchst erfolgreich. Jetzt kommt er auch bei uns in die Kinos.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 10.1.2013
Stéphanie arbeitet als Orka-Waltrainerin in einem Marineland an der Côte d'Azur. Eines Tages verliert sie bei einem Unfall mit einem Orka beide Unterschenkel. Ali ist ein junger mittelloser Belgier, der versucht, sich mit Boxkämpfen über die Runden zu bringen. Mit seinem fünfjährigen Sohn Sam reist er per Autostopp und Bahn zu seiner Schwester an die Côte d'Azur, eine Côte d'Azur ohne jeden Glamour, fern jeder Postkartenidylle. Die Wege von Stephanie und Ali werden sich kreuzen. Erst zufällig, noch vor dem Unfall. Die selbstbewusste Stéphanie wird Ali erst nach der Amputation anrufen.
Langsam wird sich eine Liebesgeschichte entwickeln - zwischen den beiden, die durch das Leben gebrandmarkt sind, aber auch zwischen Ali und seinem kleinen Sohn, auch wenn in diesem Fall erst ein dramatischer Zwischenfall den Knoten löst.
Dem Kampf Stephanies, ihre Beweglichkeit und Unabhängigkeit wieder zu erringen, entspricht Alis Kampf, seinen Weg zu gehen, und damit Geld zu verdienen. Er hat nur seinen durchtrainierten Körper, und der dient ihm bei Kämpfen, wo alles erlaubt ist. Eine Männerwelt. Der Sieger kassiert einen Teil des Wettgeldes. Jedesmal riskiert Ali seine Gesundheit.
Eindrucksvolle Bilder
Jacques Audiard verbirgt nichts, bei den Kämpfen fließt Blut, ausgeschlagene Zähne kollern auf den Boden herum. Die Kamera ist immer nah dran und liefert eindrucksvolle Bilder, die zum Teil an die Grenze des Erträglichen gehen. Jedenfalls hat die Gewalt nichts zweideutig Faszinierendes.
Faszinierend allerdings, wie realistisch man mit der heutigen Trickkiste die amputierten Beine Stéphanies, alias Marion Cotillard, zeigen kann, etwa wenn sie schwimmen geht oder beim Liebesakt. Auch wenn er ein außergewöhnliches Team hatte, sagt Jacques Audiard, so habe die Technik in den letzten fünf bis zehn Jahren enorme Fortschritte gemacht. Vor zehn Jahren hätte er diesen Film nicht machen können, es hätte zu viel Zeit und Geduld beansprucht.
"Der Geschmack von Rost und Knochen" ist ein beeindruckendes Melodram, eine Liebesgeschichte, wo zwei Rohdiamanten erst ihren Schliff bekommen müssen, damit sie funktioniert. In den Hauptrollen die grandiose Marion Cotillard, der ja 2007 mit "La vie en rose" und einem Oscar der internationale Durchbruch gelungen ist. Auch von dem jungen Flamen Matthias Schoenhaerts wird man sicher noch zu hören bekommen, in Cannes jedenfalls hatte er sich schon die Herzen der Zuschauer erobert.