Küssel-Urteil: Neun Jahre Haft

Hohe Haftstrafen gab es am späten Abend am Wiener Straflandesgericht für Gottfried Küssel und seine beiden Mitangeklagten wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Küssel wurde zu neun Jahren, die beiden anderen zu sieben beziehungsweise viereinhalb Jahren verurteilt, die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Verteidiger hatten Freisprüche gefordert.

Gottfried Küssel

(c) Fohringer, APA

Morgenjournal, 11.1.2013

Küssel-Anwalt: "Habe mit Freispruch gerechnet"

Am Ende hat dann doch alles nichts genützt. "Mein Mandat hat sich seit mehr als zehn Jahren nicht mehr neonazistisch betätigt. Er hat drei Kinder, um die er sich kümmern möchte", sagte der Anwalt von Gottfried Küssel in seinem ausführlichen und emotionalen Schlussplädoyer. Außerdem habe die Staatsanwaltschaft keine handfesten Beweise – so argumentierten auch die anderen beiden Verteidiger.

Aber die Geschworenen glaubten der Anklage letztlich mehr. Für Küssels Anwalt Michael Dohr völlig unverständlich: "Ich war mir bewusst, dass es bei einer Verurteilung aufgrund der Vorstrafen ein höheres Strafmaß werden würde. Aber aufgrund der sehr, sehr dünnen Beweislage, es waren eigentlich nur irgendwelche Indizien vorhanden und nicht mehr, habe ich damit gerechnet, dass ein Freispruch erfolgen wird."

Knappe Abstimmung der Geschworenen

Die Geschworenen setzten mit der hohen Haftstrafe ein Signal, obwohl es sehr knapp war. Mit fünf zu drei Stimmen entschieden sie, Gottfried Küssel habe die Homepage "alpen-donau.info" zwar nicht betrieben, aber initiiert. Bei vier zu vier wäre Küssel als freier Mann nach Hause gegangen – bei Stimmengleichheit wird für den Angeklagten entschieden.

Neun Jahre – ein nicht haltbares Urteil, sagte Michael Dohr: "Vor allem, wenn man bedenkt, dass von der ganzen Anklage nur mehr die Initiative über geblieben ist. Das heißt, er hat die Initiative gesetzt, aber er wurde als Betreiber nicht verurteilt. Daher sind mir die Höhe des Urteils und auch der Ausgang völlig unverständlich."

Verteidiger werden gegen Urteil berufen

Auch bei den anderen beiden Angeklagten entschieden die Geschworenen nicht einstimmig, allerdings nicht so knapp wie bei Küssel. Die Angeklagten schüttelten während der Urteilsverkündung nur den Kopf. Aus dem Publikum – auch Küssels Ehefrau war gekommen – gab es Unmutsäußerungen.

Auch einige Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, die während des Prozesses vernichtende Kritik an ihren Ermittlungsmethoden einstecken mussten, waren bis zum Schluss im Saal. Diese Kritik wollen die Verteidiger auch nach den Urteilen nicht zurücknehmen: "Mein Urteil über das BVT bleibt natürlich, nur wenn die Geschworenen diesen Ermittlungsmethoden zugestimmt haben, dann fehlen mir dazu die Worte. Wie da ermittelt worden ist, das ist meines Erachtens nach völlig unzulänglich gewesen", so Dohr.

Die Verteidiger werden auf jeden Fall gegen die Urteile berufen, der Staatsanwalt hat sich noch nicht geäußert. Das Verfahren geht also in die nächste Instanz.