Tschechien: Präsident erstmals direkt gewählt

Es ist ein Novum für die Tschechen. Nach Vaclav Havel und Vaclav Klaus dürfen sie erstmals einen Präsidenten direkt wählen, die beiden bisherigen wurden vom Parlament gewählt. Neun Kandidaten rittern heute und morgen um die Stimmen der Wähler, die sich weitgehend von der Politik enttäuscht zeigen, es aber mit Humor nehmen. Alles spitzt sich auf ein Duell Jan Fischer gegen Milos Zeman zu.

Morgenjournal, 11.1.2013

ORF-Korrespondentin Cornelia Vospernik berichtet aus Tschechien.

Tschechen nehmen die Wahl mit Humor

Vor der Präsidentenwahl kursiert derzeit so etwas wie ein Witz in Tschechen: Wenn sich ein Jude, ein Tscheche, ein Österreicher, ein Japaner und ein Avatar um die Wahl bewerben … Letzteres bezieht sich etwa auf den von Kopf bis Fuß tätowierten Vladimir Franz und ersteres auf Jan Fischer, der als Favorit galt, aber zunehmend unter Druck gerät.

Tomas Hanak, ehemals zu Tschechiens schönstem Mann gewählt und jetzt in der Politik, kreidet, nicht als einziger, Jan Fischer an, dass er nur aus Karrieregründen Mitglied der Kommunistischen Partei geworden war. Für diesen Umstand musste sich der eher blasse Kandidat Fischer schon mehrfach entschuldigen.

Zeman setzt auf die Amnestie-Debatte

Dennoch pocht der Wirtschaftsprofessor und Statistiker bis zuletzt auf sein sauberes Image. Der Mann, der schon einmal eine Übergangsregierung in Tschechien führte, will sich selbst das Gehalt um zwanzig Prozent kürzen, keine Lobbyisten in die Prager Burg lassen und auch an der Ikone Vaclav Havel gibt es leichte Kritik: "Ich werde mit den Vertretern diverser politischer Parteien viel härter umgehen als Vaclav Havel das getan hat."

Sein Gegenspieler Milos Zeman, auch ein Ex-Premier und ehemaliger Chef der Sozialdemokraten, stellt hingegen das Thema in den Vordergrund, das die Tschechen zurzeit wirklich aufregt. Nämlich, dass der scheidende Präsident Vaclav Klaus zuletzt eine Amnestie für tausende Gefangene erlassen hatte. Zeman verspricht, unter ihm werde es keine Amnestie geben, weder zu Beginn noch am Ende der Amtszeit.

Tschechen trauen keinem Kandidaten

So recht glauben wollen die Tschechen keinem der beiden und auch den anderen Kandidaten nicht – keine gute Ausgangslage für die erste direkte Präsidentenwahl in Tschechien.

Einer jedenfalls hat sich schon entschieden: Tomas Hanak, der ehemals schönste Mann Tschechiens, hat nach seinem Schmähspot für Fischer noch einen veröffentlicht, in dem er erklärt, dass er seine Stimme Milos Zeman gibt.