20 Jahre danach - Was blieb vom Lichtermeer?
Kommenden Mittwoch jährt sich zum 20. Mal das Lichtermeer. Am 23. Jänner 1993 haben sich rund 300.000 Menschen auf dem Wiener Heldenplatz versammelt, um gegen Ausländerfeindlichkeit zu demonstrieren. Unmittelbarer Anlass war das Ausländervolksbegehren der FPÖ, das unter dem Titel "Österreich zuerst" schärfere Ausländergesetze forderte. Zugleich war die Kundgebung die Geburtsstunde der Initiative SOS Mitmensch.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 19.1.2013
Demo als Beginn
Es ist nach wie vor die größte Demonstration in der Zweiten Republik. Der 23. Jänner 1993 ist Teil der Geschichte der zweiten Republik: der Wiener Heldenplatz erleuchtet von abertausenden Kerzen und Fackeln als Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz. Vorbild waren Großdemonstrationen in Deutschland, dort haben im Dezember 1992 Hunderttausende Menschen mit Lichterketten gegen rechtsradikale Attentate auf Ausländer-Wohnheime protestiert. Einer der Prominenten, die damals am Wiener Heldenplatz mit dabei waren, ist der Sänger Willi Resetarits. Er sagte damals, das sei erst der Beginn: "Jetzt müssen wir beweisen, dass wir wirklich was drauf haben."
Schüller: Manche Verbesserungen
Die Veranstaltung hat nachhaltig etwas bewegt in der Gesellschaft, findet einer, der 1993 maßgeblich mitgewirkt hat: der damalige Caritas-Präsident Helmut Schüller, heute vor allem bekannt als Galionsfigur der rebellischen Pfarrerinitiative. Zumindest sei eine breitere Aufmerksamkeit und auch eine höhere Sensibilität für das Thema geblieben. "Vieles ist weitergegangen, aber ich male mir nicht aus, wo wir heute wären, wenn das Lichtermeer nicht gewesen wäre." Selbstverständlich gebe es nach wie vor viel Ausländerfeindlichkeit, aber damals hätten sehr viele Gruppen verstanden, worum es geht und dass man auf die Menschenrechte aufpassen müsse. Einiges sei besser geworden, sagt Schüller und nennt als Beispiel die Bundesbetreuung der Asylwerber und eine - wenn auch noch nicht ausreichend - verbesserte Verfahrensqualität.
Historiker: Nichts geändert
Differenzierter ist der Befund von Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien. Seiner Ansicht nach war das damals tatsächlich ein historisches Großereignis, aber das Lichtermeer habe die österreichische Gesellschaft nicht verändert. Das sehe man deutlich in der politischen Debatte und an Umfragen. "Die Österreicher und Österreicherinnen sind nach wie vor sehr skeptisch, was Migration betrifft. Daran hat sich nichts geändert. Wir stehen in der Debatte nach wie vor im Jahr 1993." Die Zahl jener, die offen gegen Fremdenfeindlichkeit auftreten, sei vielleicht gestiegen, aber "aus der politischen Unkultur ist das Thema leider noch nicht hinausprotestiert worden", sagt der Historiker.
Gesetze dennoch verschärft
Übrigens: Zwei Tage nach dem Lichtermeer lief das FPÖ-Volksbegehren Österreich Zuerst an. Über eine Million Unterschriften war damals das Ziel der Freiheitlichen. Geworden sind es etwas über 400.000, gemessen an den Erwartungen also ein dürftiges Ergebnis. Die Ausländergesetze wurden wenige Monate nach dem Lichtermeer dennoch verschärft.
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