Frankreich: Heiße Debatte über "Homo-Ehe"

Hunderttausenden waren in den vergangenen Wochen auf die Straßen Frankreichs, um für oder gegen die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu demonstrieren. Gestern begann in der Pariser Nationalversammlung die auf zwei Wochen angesetzte Lesung des Gesetzesentwurfs. Der sieht nicht nur die Ehe für Schwule und Lesben vor, sondern auch die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare, nicht aber das Recht für sie auf medizinisch unterstützte Fortpflanzung.

Morgenjournal, 30.1.2013

Große Rede

Es war Großkampftag gestern in der gut gefüllten Assemblée Nationale. Mehr als 5.000 Änderungsanträge am Gesetz zur Homo-Ehe hat die Opposition vorgelegt. Vor der Debatte hatten Gegner noch an allen Pariser Brücken Transparente gegen die Homo-Ehe angebracht, am Abend katholische Integristen vor dem Parlament gebetet, in dem Justizministerin Taubira die Debatte mit einer großen, frei gehaltenen Rede eröffnet hatte, in der sie von einem Akt der Freiheit sprach und die Frage stellte: "Was nimmt denn die Homosexuelle Ehe den heterosexuellen Paaren weg? Nichts!" Die Ministerin fuhr fort: "Wir nennen die Dinge beim Namen und sprechen von Egoismus angesichts derer, die sich vorstellen, dass eine Institution der Republik nur einer bestimmten Kategorie von Bürgern vorbehalten sein könnte."

Heftige Debatte

Präsident Hollande hat vorab klar gemacht, dass er trotz aller außerparlamentarischen Proteste an dem Gesetzesvorhaben festhalten wird und Premierminister Ayrault gestern in der Fragestunde vor der Debatte gesagt: "Ich gehe die Wette ein, meine Damen und Herren von der Opposition, dass viele von ihnen uns in der Zukunft sagen werden: ja, das ist ein Fortschritt, sie hatten Recht, es zu machen. Ich vertraue auf unsere Mehrheit und sogar darüber hinaus. Ich bin sicher, dass am Ende der Debatte eine breite Mehrheit diese Reform für mehr Gleichheit annehmen wird, und dass die französische Gesellschaft und die Republik darauf stolz sein werden."

Oppositionspolitiker Wauquiez kritisierte: "Die Regierung argumentiert nur mit den Themen Freiheit und Ende der Diskriminierung. Hinter der Debatte verbirgt sich aber eine andere – das ganze wird nämlich zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung und zur Leihmutterschaft für gleichgeschlechtliche Paare führen. Ich bin nicht intolerant, aber ich drücke meine Sorge aus über das Risiko, das dieses Gesetz für die Rechte der Kinder beinhaltet."

Homophobie nimmt zu

Laut Meinungsumfragen sind mindestens 60 Prozent der Franzosen für die Homo-Ehe, knapp die Hälfte auch für die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare. Alle Homosexuellenverbände im Land beklagen inzwischen, dass sich seit dem Beginn der polemischen Debatte über die Homo-Ehe in den letzten Wochen homophobe Äußerungen und Akte im Land wieder deutlich vermehrt haben.