Obsorge neu in Kraft - weiter Kritik

Das neue Familienrechtspaket tritt heute in Kraft, und damit auch die Neuregelung der Obsorge. Künftig können unverheiratete Väter die gemeinsame Obsorge auch gegen den Willen der Mutter zugesprochen bekommen. Die Begründung: Der Kontakt zu beiden Elternteilen gehöre zum Kindeswohl. Und das ist ab jetzt gesetzlich verankert. Kritik kommt aber ausgerechnet von der Kinder- und Jugendanwaltschaft.

Eine Familie spaziert über eine Wiese

(c) Jaspersen, DPA

Morgenjournal, 1.2.2013

"Keine Gemeinsamkeit um jeden Preis"

Prinzipiell sei es wünschenswert, dass Kinder Kontakt zu Vater und Mutter haben, sagt die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits, aber sie halte nichts davon, dass um jeden Preis die gemeinsame Obsorge zugesprochen werden kann: "Es gehört genau überprüft, es gehört geschaut, zu wem haben die Kinder Bindung, wie sehr hat sich der ehemalige Partner auch eingebracht in die Betreuung des Kindes."

Rosenkrieg statt "Abkühlung"

Einigen sich verheiratete Eltern nicht auf eine einvernehmliche Scheidung, können die Richter in Zukunft eine halbjährige Abkühlphase anordnen. In dieser "Phase der elterlichen Verantwortung" sollen die Eltern die gemeinsame Obsorge erproben. Pinterits dazu: "Viele Expertinnen und ich auch befürchten, dass in diesen sechs Monaten, statt an Lösungen zu arbeiten, geschaut wird, dass jeder Elternteil sich so viel profiliert, dass er oder sie vor Gericht besser dasteht." Für Rosenkriege seien sechs Monate Abkühlphase zu wenig.

Widersprüchliche Aufgaben

Kritisch sieht Pinterits auch der Familiengerichtshilfe. Bis Sommer 2014 sollen 200 Sozialarbeiter, Pädagogen und Psychologen angestellt werden. Als Familiengerichtshelfer sollen sie den Gerichten Entscheidungsgrundlagen liefern: "Sie sollen Gutachterinnen sein, sie sollen Mediatorinnen sein, sie sollen überprüfen - also ich denke mir, diese drei Sachen schließen sich schon ein Stück weit gegenseitig aus", kritisiert Pintereits.

Anträgeflut befürchtet

Laut Pinterits erwarten sich die Gerichte zu viel von der Familiengerichtshilfe: "Ich kann nicht auf der einen Seite verlangen, dass Elternteile wirklich ehrlich bei der Familiengerichtshilfe sind, weil die ja von Beginn an wissen, dass alles, was dort gesagt wird, auch dem Richter, der Richterin schriftlich vorgelegt wird. Ich muss für die Eltern einen Raum schaffen, wo sie ohne dass etwas weitergegeben wird, miteinander etwas verändern können." Derartige Clearingzentren gebe es in Finnland, so Pinterits. Dort versuchen Experten gemeinsam mit den Eltern und Kindern eine Lösung zu finden. Der Weg vor Gericht sollte erst die letzte Möglichkeit sein. Doch genau das Gegenteil wird wohl in den kommenden Tagen passieren. Pinterits rechnet mit einer Flut von Obsorgeanträgen, die die Gerichte überfordern wird.