Neues Familienrecht: Noch einiges unklar

Ab Freitag tritt das neue Familienrechtspaket in Kraft, das das Kindeswohl gesetzlich verankern soll. Viele Neuerungen werden stufenweise eingeführt. Ein Beratungsgespräch vor der Scheidung ist aber in ganz Österreich ab Freitag verpflichtend. Und selbst hier ist noch Einiges unklar.

Morgenjournal, 29.1.2013

"Unprofessionelle Vorbereitung"

"Unprofessionelle Vorbereitung"
Wollen sich Eltern künftig scheiden lassen, müssen sie zuerst zur Beratung gehen. Dort erfahren sie, wie sich die Scheidung auf ihre Kinder auswirken kann. Das sei zwar eine sehr gute Neuerung, sagt Michael Rauch von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Vorarlberg. Die Vorbereitung sei aber nicht professionell gelaufen. Die konkrete Information an die Beratungsstellen komme etwas spät. Außerdem gebe es "keine einheitlichen verbindlichen Standards für das gesamte Bundesgebiet, wie diese verpflichtende Beratung der Eltern über Scheidungsfolgen für ihre Kinder abzulaufen hat".

Einrichtungen wie Ehe- und Familienberatungsstellen sollen die Beratungen übernehmen. Sie seien aber teils zu spät informiert worden. Obwohl das Gesetz ab Freitag in Kraft tritt, sollen die Standards für die Beratungen erst Ende März bei einer Fachtagung erarbeitet werden, so Rauch: "Auch das kommt erst, wenn das Gesetz schon in Kraft tritt und wenn die Eltern auf ein verlässliches und ausgearbeitetes Angebot zurückgreifen sollten. Auch an diesem Beispiel sieht man, wir sind sehr spät dran und müssen jetz sehr rasch schauen, dass wir diesen misslichen Umstand beheben."

Übergangslösungen

Er wolle zwar keine Generalkritik am neuen Gesetzespaket üben, so der Kinder- und Jugendanwalt, aber es gebe einige wesentliche Punkte, die von den Verantwortlichen schlecht vorbereitet worden seien: "Sie haben gewusst, was im Gesetzesvorschlag steht. Sie haben auch gewusst, wann dieser In Kraft tritt. Ich denke, man sollte bis spätestens Mai die Qualitätsstandards definiert haben und allen Richterinnen und Richtern Informationen zur Verfügung stellen, wer das machen kann, und muss in der Zwischenzeit mit Übergangslösungen behelfen."

Mit dieser Einschätzung ist Rauch nicht allein. "Herausgaloppiert, blauäugig, chaotisch" oder "typisch österreichisch", so beschreiben Richter und Kinderanwälte die Umsetzung der Reformen im Familienrecht. Generell sehen sie in dem Paket aber alle eine große Chance, Verbesserungen für Scheidungskinder zu erzielen.