Karl: Strafrechtsreform mit Experten

Über eine Reform des Strafrechts will Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) eine Expertengruppe nachdenken lassen, bestehend aus Strafrechtsprofessoren, Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten. Seit der Einführung des derzeit gültigen Strafgesetzbuchs vor fast 40 Jahren hat sich im wirklichen Leben vieles geändert, das Strafrecht soll darauf reagieren.

Mittagsjournal, 1.2.2013

Gefühl der Bevölkerung Rechnung tragen

Bis Ende Jänner 2014 sollen sich ein Dutzend Experten überlegen, was am Strafgesetzbuch geändert werden soll. Justizministerin Karl nennt einen wesentlichen Bereich, nämlich das bei Vermögensdelikten höhere Strafen ausgesprochen werden als bei Delikten gegen Leib und Leben. "Das wird in der Bevölkerung als ungerecht befunden und diese Kritik muss und will ich als Justizministerin ernst nehmen", so Karl. Wobei, ob nun Diebstahl niedriger bestraft werden soll als bisher, und Körperverletzung höher - das bleibt offen, da sollen sich die Experten Gedanken machen, meint die Ministerin.

Einbrecher oder Dieb?

Susanne Reindl-Krauskopf, Strafrechtsprofessorin an der Uni Wien und eines der Team-Mitglieder, sieht unter anderem den technischen Fortschritt zu wenig berücksichtigt, im Strafrecht. Beispiel: Wer mit einem Schlüssel oder einer Codekarte in einer fremde Wohnung ausräumt, ist als Einbrecher dran und nicht als Dieb. Er bekommt daher eine geringere Strafe. Sollte das Schloss aber mit einem Code zum Eintippen gesichert sein, gilt ein Täter, der diesen Code ausspioniert und einfach eintippt, nicht als Einbrecher, "weil er nicht den körperlich widerrechtlich erlangten Schlüssel verwendet hat". Man müsse überlegen, ob man derartige Veränderungen dank technischen Fortschritts mit dem StGB einfangen könne, so die Expertin.

Fragen über Fragen

Doch es gibt auch noch andere Probleme im Strafrecht: Soll verstärkt zwischen Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit unterschieden werden? Ab wann sind Tatwiederholungen gewerbsmäßig und daher strenger zu bestrafen? Hat das StGB zu ungenaue Definitionen einer Straftat? Wie kann man verwerfliches Tun per Internet und in den sogenannten social media besser ahnden?
Fragen über Fragen, die die Strafrechtsexperten aufwerfen und nach Möglichkeit beantworten sollen.

Eine politische Diskussion über den Bericht der Experten will die Ministerin dann im Frühjahr 2014 abgeführt wissen. Inkraftreten des neuen Strafgesetzbuches dann im Jahr 2015. Und sie vertraut offenbar, dass auch ein allfällig neuer Justizministerin, ein neuer Justizminister nach Wahl und Regierungsbildung, die Arbeit ihrer Reformkommission aufgreift. Stellungnahmen der Nationalratsfraktionen zu dieser neuen Art von Ideenfindung für Gesetze liegen noch nicht vor.