Jüdisches Museum in Warschau
Es hat den Anspruch, alle anderen jüdischen Museen in den Schatten zu stellen. Fast ein Jahrzehnt nach der Grundsatzentscheidung wird noch in diesem Jahr in Warschau ein Museum der polnischen Juden eröffnet, und zwar rechtzeitig zum Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto im April.
8. April 2017, 21:58
Es soll bewusst kein Holocaust-Museum werden, sondern die 1.000 Jahre alte Geschichte der Juden in Polen zeigen. Und die Macher sind davon überzeugt, dass auch das Bauwerk eine Landmarke wird.
Morgenjournal, 4.2.2013
Schlichte Form
Vom einstigen jüdischen Viertel Warschaus ist nichts geblieben, aber jetzt soll es zu neuem Leben erwachen. Zwischen dem Denkmal für die getöteten Juden und einem Park ist in den letzten Jahren ein Kubus gewachsen, der knapp vor der Fertigstellung steht. Eine schlichte Form mit einem bewussten Bruch, erklärt Rainer Mahläki, der finnische Architekt, der diesen Bau entworfen hat, in einem Video der Museumsmacher.
Mahläki hat schon mehrere Museen entworfen. Dieses soll, so glauben die Verantwortlichen, um nichts weniger ikonisch werden als das Guggenheim Bilbao. Wenn er Menschen das Museum zeige, höre er immer ein "Wow", sagt Museums-Vizedirektor Zygmunt Stepinski.
1.000-jährige Geschichte
Vor allem bewegen soll der Inhalt dieses Hauser, die Dauerausstellung, die erst im Dezember fertig sein wird. Insgesamt 4.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche bietet das Museum. Zentraler Teil ist die 1.000-jährige Geschichte der Juden in Polen in acht Stationen - die interaktive und multimediale Schau beginnt in einem Zauberwald. Was waren die Träume, mit denen die Juden nach Polen gekommen sind? Wie, wann und warum erlebten sie hier ihre Blütezeit?
Die letzte Station ist dem Holocaust gewidmet. Die Besucher gehen hier durch einen engen Gang, der die Todesmaschinerie im Detail nachvollziehbar macht. Am Ende sind Aufnahmen zu sehen, die jüdische Insassen von Vernichtungslagern, die Leichen beseitigen mussten, selbst gemacht haben. Aber das Jüdische Museum in Warschau soll absolut kein Holocaust-Museum sein, sagt Stepinski, vielmehr wolle man die Toten ehren, indem man zeige, wie sie gelebt haben.
Doch die Geschichte endet nicht hier, mit dem Tod von drei Millionen Juden, 90 Prozent der jüdischen Bevölkerung Polens. Das Museum widmet auch der Entrechtung und Assimilierung der Juden nach dem Zweiten Weltkrieg und ihrer Massenauswanderung Raum. Eine Geschichte, von der die Polen zu wenig wissen, sagt Stepinski. Aufklärung sei sein erstes Ziel.
Gegen Antisemitismus ankämpfen
Es ist geradezu unmöglich, hier zu leben ohne diese tausend Jahre Geschichte zu kennen, ohne zu wissen, wie wichtig die Juden für die polnische Kultur, Wirtschaft, ja für alles in diesem Land waren. Wir waren immer zusammengeschweißt, in guten wie in schlechten Zeiten, sagt Stepinski.
Auch in Polen, so Stepinski, gebe es Antisemitismus, gegen den das Museum ankämpfen will, mit Führungen, Vorträgen, Veranstaltungen, auch und vor allem für Kinder. Und es soll ein Museum sein, das wächst. Die riesige Fläche, so sagt er, sei eigentlich ein Segen. Vielleicht animiere sie Spender und Sponsoren, Ausstellungsstücke zur Verfügung zu stellen. Ein Projekt für zehn oder gar 15 Jahre.