Liebesroman von René Freund

Liebe unter Fischen

"Das Genre Liebesroman ist mir eigentlich passiert, also das hat sich so ergeben. Grundlegend war eigentlich die Stadt-Land-Geschichte", erzählt René Freund. Nach einem Krimi, einigen Sachbüchern und zahlreichen Theaterstücken legt er mit "Liebe unter Fischen" nun einen Liebesroman vor.

Bis heute interessiert sich der Autor für alle literarischen Gattungen, was für ein "anständiges Marketing natürlich eine Katastrophe" sei, wie er meint. Die Idee für seinen neuen Roman sei ihm bereits vor über 20 Jahren gekommen, damals wollte er einen Briefroman verfassen. Briefe wurden dann allerdings von E-Mails abgelöst, und Briefromane von E-Mail-Romanen, noch dazu höchst erfolgreichen.

"Es ist dann ein ganzer Mix geworden von verschiedenen Stilmitteln, der Großteil ist ganz normale Prosa, wenn ich das mal so unter Anführungszeichen sagen darf, aber es sind auch SMS, Telefongespräche usw. Keine E-Mails allerdings", sagt René Freund.

Des Dichters Burnout

Freunds Protagonist heißt Fred Firneis, ist Dichter und leidet nach langen alkoholdurchtränkten Jahren an der Literaturfront an einem Burnout. Zum Entsetzen seiner Verlegerin Susanne Beckmann beschließt er, das Schreiben für immer aufzugeben. Mit seinen höchst erfolgreichen Gedichtbänden sicherte er jahrelang die Existenz ihres Kleinverlages. Nun steht dieser vor dem Aus.

Da er ihre Anrufe und Nachrichten konsequent ignoriert, sucht sie ihn in seiner Wohnung in Berlin-Kreuzberg auf. Dort findet sie den Autor, vollkommen verwahrlost, inmitten alter Pizzaschachteln, Zigarettenstummeln und leerer Weinflaschen.

"Ich hab mir gedacht, wenn schon Dichter in einer unaufgeräumten Wohnung mit leeren Flaschen und vollen Aschenbechern, also wenn schon Klischee, denn schon Klischee und dann muss man das auch ein bisschen brechen und dann muss es halt einer sein, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt, nämlich einen, der mit Lyrik reich geworden ist", so René Freund.

Erholung auf der Alm

Zur Erholung schickt die Verlegerin ihr Zugpferd in eine einsame Holzhütte in den Alpen. In Grünbach am See gibt es weder Strom, Handyempfang, noch sonstigen Kontakt zur Außenwelt. Vollkommen auf sich allein gestellt, werden die Selbstzweifel des Autors hier zunächst keinesfalls geringer.

"Fred Firneis ist ein Verwirrter", meint René Freund. "Er ist von seiner tiefsten Persönlichkeitsstruktur her wirklich ein Dichter. Also insofern keine Selbstbeschreibung, weil ich glaube, das bin ich nicht, ich bin eher ein Schriftsteller, in diese Falle darf man nicht tappen, ihn mit mir zu identifizieren, und er ist in einer schwierigen Lebenssituation, aus der er wirklich schwer rauskommt."

Mit Hilfe des Revierförsters August und seiner klaren Weltsicht kommt Fred langsam wieder zu Kräften. Er schreibt regelmäßig Briefe an seine Verlegerin, in denen er seinen Genesungsgrad dokumentiert. Hin und wieder garniert er seine Nachrichten sogar mit einem Haiku.

Fern-Recherche

Noch dazu taucht eines Tages die schöne Mara auf, eine junge Biologin aus der Slowakei, die ihre Doktorarbeit über das Paarungsverhalten von Fischen schreibt. Fred ist hingerissen und seine Arbeitsfähigkeit scheint nun wieder vollends hergestellt. Doch so plötzlich die junge Forscherin aufgetaucht ist, so schnell ist sie auch wieder verschwunden. Die Spurensuche führt Fred Firneis zurück nach Berlin, wo das Rätsel um die geheimnisvolle Fremde in einem turbulenten Finale aufgeklärt werden kann.

René Freunds neuer Roman beeindruckt vor allem durch die gnadenlos genaue Darstellung der Berliner Großstadthektik. "Ich hab eine gute Freundin in Berlin, die Drehbuchautorin ist, die lebt dort am Puls der Zeit und sie konnte mir Details sagen wie zum Beispiel, dass man Mitnehm-Essen vom Chinesen dort nicht in Styroporbechern, sondern in Kartontassen mitnimmt", so René Freund. "Und vor solchen Fehlern hat sie mich bewahrt und mir gesagt, was die Leute in Mitte über die in Kreuzberg denken und die Kreuzberger über die Neukölner und so weiter. Also ich hoffe, das hat gereicht, hat jedenfalls auch Spaß gemacht, aus der Ferne zu recherchieren."

Pointenschleuderer

Mit viel Sprachwitz schildert Freund einerseits die zunehmende Verzweiflung der Verlegerin, die immer öfter Besuch von ihrem Bankbetreuer bekommt, und andererseits die angestrengte Suche des Autors nach seinem inneren Frieden. "Liebe unter Fischen" ist eine vergnügliche, leicht zu lesende Screwball-Komödie, mit rasanten Dialogen und zahlreichen Pointen.

"Da ich vom Theater her auch einige Boulevardkomödien geschrieben hab, bin ich natürlich jemand, der gern auf die Pointe geht beim Schreiben", sagt Freund. "Das kann manchmal auch nicht gut sein für die Geschichte. Jetzt hatte ich in meiner wunderbaren Verlegerin Martina Schmidt eine sehr strenge Lektorin auch, und die hat, wo auf einer Seite vier Pointen waren angeregt, drei davon wegzulassen. Und hat gesagt, du wirst sehen, es ist besser so, und im Prinzip hatte sie Recht."

"Wer Glattauers Gut gegen Nordwind geliebt hat, wird auch an diesem Buch seine Freude haben", lautet die Empfehlung am Buchcover. Und der Vergleich ist durchaus berechtigt, Daniel Glattauer und René Freund sind gut miteinander befreundet, lesen ihre Manuskripte und befruchten sich gegenseitig, erzählt der Autor: "Wir sind uns, glaube ich, beim Schreiben gar nicht so ähnlich, aber menschlich verstehen wir uns umso besser."

Die Kraft der Stille

Trotz aller Rasanz lässt Freund seine Figur nebenbei auch immer wieder stille Momente erleben. Und darum gehe es letztendlich im Roman, so der Autor. Die ständige Reizüberflutung mache uns zu einer Burnout-Gesellschaft, in der wir das Stillsein verlernen.

"Man muss nicht alle halben Stunden nachschauen, wo sich wer ein Bein gebrochen hat und wo eine Bombe explodiert ist, und ich versuche einfach für mich persönlich, ganz bewusst diese Stille-Einheiten zu suchen. Also, ich finde das Nichtstun und zu versuchen, nichts zu denken, was ja schwierig genug ist, hat eine große heilende Kraft."

Service

René Freund, "Liebe unter Fischen", Deuticke Verlag

René Freund