"Spenderkinder" haben Recht auf Vater
Richtungsweisendes Urteil heute in Deutschland: Die Tochter eines anonymen Samenspenders hat vor Gericht erreicht, dass der Name ihres biologischen Vaters preisgegeben werden muss. Es war die erste solche Klage eines "Spenderkindes". Das Urteil betrifft gut 100.000 Menschen, die seit den 70er-Jahren mit Samenspenden gezeugt worden sind.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 6.2.2013
Kein Schutz durch Anonymität
Die Klägerin ist heute 22 Jahre alt und hat vor einem halben Jahr in der ZDF-Sendung "Aspekte" den Wunsch, ihren biologischen Vater zu finden, so begründet: "Es geht dabei ums Prinzip und nicht nur um mein eigenes Anliegen." Von ihrer Mutter wusste sie, aus welcher Klinik der Spendersamen stammte. Seit 1989 gibt es ein Urteil in Deutschland, wonach Kinder ein Recht darauf haben, ihre Abstammung zu erfahren.
Der Klinikleiter Thomas Katzorke wollte ihr den Namen dennoch nicht verraten: "Was heißt 'Recht auf Kenntnis der genetischen Abstammung'? Heißt das, dass wir dem Kind ohne Prüfung die Daten des Spenders aushändigen? Und was macht dann der junge Mensch dann damit? Also so einfach kann es nicht laufen, denn der Spender hat auch gewisse Rechte, der hat das Recht auf Schutz seiner Privatsphäre." Der Mediziner fürchtet, dass sich ohne den Schutz der Anonymität weniger Spender melden werden - auch aus Angst vor späteren Unterhaltszahlungen.
Interesse der Spenderkinder geht vor
Im Prozess hatte sich der Mediziner darauf berufen, die Daten zu dem Fall würden nicht mehr vorliegen. Die Unterlagen über eine Samenspende müssen in Deutschland erst seit 2007 30 Jahre aufgehoben werden. Da war die Klägerin schon ein Teenager. Das Urteil, das sie heute erstritten hat, stellt das Interesse der Spenderkinder über das der anonymen Väter.
Österreichs Spenderväter bekannt
Die rechtliche Lage in Österreich ist anders als in Deutschland: Bevor Männer ihren Samen spenden, müssen sie zustimmen, dass die Samenbank die Daten des Spenders an seine Kinder weitergeben darf. Österreichische Samenspender müssen vor der Spende zum einen ihr Einverständnis erklären, dass ihr Samen in der medizinischen Fortpflanzung eingesetzt wird, zum anderen müssen sie der Auskunftspflicht der Samenbank gegenüber gezeugten Kinder zustimmen. Hat ein anonym gezeugtes Kind sein 15. Lebensjahr erreicht, dann hat es automatisch Anspruch darauf zu erfahren, wie der Name des biologischen Vaters lautet.
Während in Deutschland das sogenannte "Gewebegesetz" gilt, nach dem Samenspender die Unterlagen zu ihrer Spende 30 Jahre lang aufbewahren müssen, werden Daten der Samenspende in Österreich von der jeweiligen Spenderanstalt aufbewahrt. Archiviert werden neben dem Namen auch Geburtstag und -ort, Staatsangehörigkeit, Wohnort, Vor- und Zuname der Eltern und Zeitpunkt der Samenspende.