Bauern wird Spekulieren empfohlen

Spekulationen mit Agrarrohstoffen wie Weizen oder Mais sind umstritten, denn Wetten auf die Preise von Agrarprodukten werden für steigende Lebensmittelpreise mitverantwortlich gemacht. Doch den Bauern werden Warentermingeschäfte zur Preisabsicherung empfohlen und sie können von Preisschwankungen auch profitieren, sagen Getreideexperten.

Morgenjournal, 9.2.2013

Bewährte Geschäfte

Ernst Gauhs spekuliert. Er ist Geschäftsführer der Raiffeisen Ware Austria und Getreidemanager. Seine Aufgabe ist es, Getreide, Futtermittel und Ölsaaten der heimischen Landwirte so gut wie möglich zu vermarkten. Und dazu gehören auch Warentermingeschäfte: Dabei wird Getreide zu einem festgelegten Preis verkauft, aber erst später tatsächlich geliefert. So wissen die Bauern schon vor der Ernte, wie viel sie verdienen werden und können sich gegen stark schwankende Preise absichern. Solche Warentermingeschäfte haben in den USA seit 100 Jahren Tradition, erklärt Getreidemanager Gauhs: "Über die Warenterminbörsen wurde dann ein Instrument eröffnet, das es den Landwirten ermöglicht, während des gesamten Jahres ihre Produkte schrittweise zu verkaufen und nicht in diesen extremen Druck während der Ernte zu geraten."

Profit durch Preisschwankungen

Seit die Agrarpreise in Europa nicht mehr streng geregelt sind, greifen auch europäische Bauern auf das Instrument der Warentermingeschäfte zurück. Nicht alle Marktteilnehmer wollen aber das gekaufte Getreide tatsächlich besitzen, viele handeln mit den Termingeschäften, auch Futures genannt, an den Agrarbörsen. So kann man von Preisschwankungen profitieren, erklärt Getreidemanager Gauhs: "Wir haben das auch in Anspruch genommen in den Jahren, in denen die Preise extrem gestiegen sind, den Markt physisch zu versorgen, auszuliefern, Preise zu vereinbaren, aber trotzdem für die Landwirte die Preissteigerungsmöglichkeiten weiter mit zu nutzen, indem wir eben dann am Warenterminbörsenmarkt weiter in diesem Preisspiel geblieben sind." Die Bauern haben so noch eine Nachzahlung auf ihre Ernte bekommen.

Spekulanten oder Wetterkapriolen

Kein Verständnis für Termingeschäfte hat Julianna Fehlinger, Agrarexpertin bei der globalisierungskritischen Organsiation Attac. Spekulanten treiben die Lebensmittelpreise, lautet ihre Kritik: "Wenn man sich den FAO-Food Index anschaut, den wichtigsten Index für weltweite Lebensmittelpreise, sieht man, dass der seit 2008 massiv schwankt. Das fällt eng zusammen mit der Zeit, als sehr viele Akteure in die Agrar-Rohstoffmärkte gewechselt sind."

Getreidemanager Gauhs lässt dieses Argument nicht gelten: Ursache von Preissteigerungen sei die weltweit größere Nachfrage nach Getreide: "Wenn es zu Ernteeinbrüchen kommt, wenn es nicht regnet, und die sehr gut prognostizierten Ernten sich plötzlich in Missernten verwandeln, dann führt das zu einem Preisschock und rapiden Preissteigerungen." Und gegen solche raschen Preisschwankungen könne man sich mit Termingeschäften absichern, meint Getreidemanager Gauhs.