Hobbyveranstaltung von Filmbusiness-Pensionisten?
Spannung vor der Oscar-Nacht
Am Sonntagabend werden in Los Angeles die heurigen Oscars vergeben, diesmal besonders spannend aus österreichischer Sicht, denn wie schon vor drei Jahren sind sowohl Regisseur Michael Haneke als auch Schauspieler Christoph Waltz mit im Rennen. Wer könnte sonst noch eine der begehrten Statuen gewinnen und wer entscheidet darüber?
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.2.2013
Oscar-Zeit ist auch eine Zeit, in der öffentliche Aufmerksamkeit zum besonderen Gut wird. Die Einladung letzten Samstag, als Gastgeber der bekannten US-amerikanischen Fernsehcomedy-Show "Saturday Night Live" aufzutreten, hat der österreichische Schauspieler Christoph Waltz also gerne angenommen und mit einigen Sketches für Ärger und Furore zugleich gesorgt. Etwa die Jesus-Parodie "Djesus Uncrossed", in der Jesus einen Rachefeldzug gegen seine Peiniger startet. Das gefiel nicht allen, löste Empörung in Internet-Foren aus. Gute Promotion allemal. Christoph Waltz kann dennoch als aussichtsreichster Kandidat für den Oscar als bester Nebendarsteller im Film "Django Unchained" gelten.
Quantitativ betrachtet, geht Steven Spielbergs Film "Lincoln" mit insgesamt zwölf Nominierungen, darunter fast in allen Hauptkategorien, ins Oscar-Rennen, inklusive Präsidentendarsteller Daniel Day Lewis. Doch bei den oft richtungsweisenden Golden Globes vor eineinhalb Monaten galt Spielbergs Historiendrama als Verlierer.
"Argo" Favorit als bester Film
Mit nur sieben Oscar-Nominierungen ist der Politthriller "Argo" von Ben Affleck zwar in der Zahl der Chancen hinter Konkurrenten wie "The Life of Pi" von Ang Lee, der Tragikomödie "Silver Linings", und dem Musical "Les Miserables", doch hat Affleck den Golden Globe für den besten Film gewonnen und liegt hier bei den Buchmachern auch voraus.
In dieser Kategorie, sowie als bester Regisseur mischt auch Michael Haneke mit seinem Film "Liebe" mit, gilt aber als Außenseiter, in der Kategorie "Bester nichtenglischsprachiger Film" hingegen wird er kaum zu schlagen sein.
Durchschnittsalter 62 Jahre
Doch wer vergibt eigentlich die begehrten Trophäen? Fast 6.000 stimmberechtigte Mitglieder hat die Oscar-Academy derzeit. Wer dabei ist, wird nicht offen kommuniziert, doch nach letztjährigen Recherchen der "Los Angeles Times", die knapp über 5.000 Mitglieder identifizieren konnte, sind 94 Prozent der Mitglieder weiß, 77 Prozent männlich, Durchschnittsalter 62 Jahre, nur 14 Prozent sind unter 50.
Viele Mitglieder, die durch Oscar-Gewinn, -Nominierung oder auf Vorschlag anderer Erlauchter auf Lebenszeit ernannt werden, sind längst nicht mehr in der Filmbranche tätig, stimmen aber nach wie vor ab. Prominente wie etwa Woody Allen und George Lucas haben eine Mitgliedschaft abgelehnt, auch der bereits einmal nominierte Schauspieler Viggo Mortensen. Ist die Oscar-Vergabe also nur eine Hobbyveranstaltung von Filmbusiness-Pensionisten? Im Trubel des Glamours können die Fakten schon mal untergehen.