Tschechien: "Hochverrat"-Vorwurf gegen Klaus

Das tschechische Verfassungsgericht muss sich damit beschäftigen, ob der scheidende Präsident Vaclav Klaus Hochverrat begangen hat. Dafür stimmte gestern Abend die Mehrheit der Senatoren. Der Vorwurf des Hochverrats wird nicht nur wegen seiner umstrittenen Amnestie erhoben, mit der er kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt tausende Straftäter freigelassen wurden, sondern auch wegen seiner EU-Politik.

Morgenjournal, 5.3.2013

"Richterernennungen verschleppt"

Vaclav Klaus ist nur noch bis zum 7.März im Amt, im Jänner wurde ja sein Nachfolger gewählt, und jetzt machen ihm die Senatoren ein Abschiedsgeschenk der besonderen Art, wie es das in der Geschichte Tschechiens noch nie gegeben hat: Der Senat schickt einen Präsidenten unter dem Verdacht des Hochverrats an das Verfassungsgericht. Es geht nicht nur um die umstrittene Gefangenenamnestie, mit der Klaus auch Korruptionsstraftäter oder Verdächtige begnadigt hat und weshalb ein Anti-Korruptionsaktivist 83.000 Unterschriften gegen Klaus gesammelt hat, es geht um insgesamt fünf Punkte. Die anwesende Mehrheit der Senatoren warf Klaus auch seinen Widerstand in der EU-Politik und die Verschleppung der Ernennung von Verfassungsrichtern vor.

Urteil nach Amtsende

Alles in allem sei Klaus ein in hohem Maße kontroversieller Politiker, erklärt Senatspräsident Stech das Votum von 38 gegen 30 Senatoren. Und Senator Jiri Dienstbier, der selbst um die Nachfolge von Klaus gerittert hat, erklärt, dass der Senat mit dem Votum die Verfassung schütze und angesichts ihrer fortwährenden Verletzung durch Klaus nicht länger schweigen konnte.

Der so Adressierte schweigt hingegen unmittelbar nach dem Votum, hat die Klage aber schon im Vorfeld als trauriges Ablenkungsmanöver der Opposition bewertet. Eine Bedrohung für das Ansehen Tschechiens sei die Klage, sagt der konservative Senats-Vizepräsident Pospisil. Wie auch immer, eine Verurteilung kann Klaus jedenfalls relativ egal sein. Sollte er des Hochverrats für schuldig befunden werden, droht ihm Amtsverlust. Und er wird sein Amt jedenfalls schneller verlassen haben als die Mühlen der tschechischen Verfassungsjustiz mahlen können.