Dirk Stermanns neuer Roman

Stoß im Himmel

Mit seinem Debütroman "6 Österreicher unter den ersten 5" gelang Dirk Stermann, Teil des Komikerduos Grissemann und Stermann, auf Anhieb ein großer Erfolg. Zwei Jahre nach seinem Erstlingswerk erscheint nun Dirk Stermanns zweiter Roman "Stoß im Himmel". Seinem Lieblingsthema bleibt Neo-Autor Stermann treu: Wieder geht es um das Miteinander verschiedener Kulturen.

Ein kleinwüchsiger Schelm

Rudi Gluske ist ein Held wie aus einem Schelmenroman. Ein kleingewachsener junger Mann mit hüftlangem rotem Haar und wachen Augen. Sympathisch und ein bisschen naiv. Völlig unverhofft gerät der Hilfslehrer einer reformpädagogischen Wiener Schule in die Schusslinie des viel zitierten "Kampfes der Kulturen".

Aus Versehen kredenzt Rudi einem muslimischen Schüler ein Schweinsschnitzel. Er wird suspendiert und zum Spielball in einem dumpfen Medienkrieg. Von der Rechten vereinnahmt. Stichwort: "Wo kommen wir denn da hin, wenn wir in Österreich kein Schweinefleisch mehr essen dürfen. Von radikalen Moslems bedroht." Die plumpe Rhetorik der Kleingeister und Dogmatiker gibt den Takt vor in diesem "Schnitzelkrieg der Kulturen", so der Untertitel von Dirk Stermanns neuem Roman, der auf einer tatsächlichen Begebenheit basiert:

"In Deutschland hat eine Lehrerin vor ein paar Jahren mittags für die Schüler gekocht. Für die Moslems hat sie Hühnerschnitzel gemacht und für die Christen Schweineschnitzel. Irgendwie ist die Lehrerin durcheinandergekommen und Eltern von muslimischen Kindern haben sich beschwert, dass deren Kinder eventuell Schweinefleisch gegessen haben. Die Lehrerein wurde daraufhin suspendiert und die Bildzeitung titelte 'Schnitzelkrieg der Kulturen'", sagt Dirk Stermann.

Künstliche Erregung am Boulevard

Eine gute Geschichte, genau das ist der Schnitzelkrieg für den Boulevard. Anlass für populistisches Säbelrasseln, das für künstliche Erregung und hohe Auflagen sorgt. Dirk Stermanns Roman "Stoß im Himmel" will nicht zuletzt eine Mediensatire sein. Verfasst von einem, der seit Jahrzehnten dick im Geschäft ist. Ein Schauplatz des Romans, die Wiener U-Bahn, wo migrantische Vorstadtjugendliche und Diplomaten aufeinandertreffen und die portionierten Informationshäppchen der Gratiszeitungen zwischen den Stationen für Zerstreuung sorgen. Besonders angetan haben es Dirk Stermann die Headlines der Kleinformate.

Anders als in seinem Debütroman, in dem Dirk Stermann seine Wahlheimat Wien vermisst und ein skurriles Panoptikum samt verkrachter Existenzen, grantiger Originale und xenophobe Taxifahrer entwirft, öffnet "Stoß im Himmel" den Blick auf die weite Welt. Der Text springt zwischen verschiedenen Zeitebenen und Orten: Führt von den verwinkelten Gassen der Wiener Innenstadt in die Prärie des amerikanischen Mittleren Westens, nach Burgund und ins Rheinland.

Aufgearbeitet wird die unglaubliche Geschichte der Familie Gluske, deren jüngster Spross Rudi zum unfreiwilligen Auslöser der Schnitzelaffäre wird. Doch während Rudi so liebenswert wie apathisch ist, dominieren in seiner Familie die Kämpfernaturen. Allen voran Ulysse, der noch im biblischen Alter von 107 Jahren auf die Barrikaden steigt und an den kürzlich verstorbenen streitbaren Intellektuellen Stephane Hessel erinnert.

"Es ist auch eine Widerstandgeschichte. Rudi ist eigentlich der einzige, der sich nicht wehrt. Er kommt aber in eine Situation, in der er sich wehren muss, Nein sagen muss", sagt Dirk Stermann über seinen neuen Roman "Stoß im Himmel". Ein rasanter Reigen, der um keinen Gag verlegen ist. Afghanische Transsexuelle, die unter der Burka ihrer geheimen Leidenschaft frönen, tauchen da genauso auf wie grimmige konvertierte Moslems, die den eigenwilligen Namen Abdullah Fuchspichler tragen. Dirk Stermanns humoriger Beitrag zur Integrationsdebatte, die manchmal nicht nur im Kabarett skurrile Blüten treibt.

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Dirk Stermann, "Stoß im Himmel", Ullstein Verlag