1960 - Die Würfeluhr

Heute befinden wir uns im Jahr 1960 und stehen in Wien an der Kreuzung Mariahilferstraße Ecke Neubaugasse, den Blick nach oben gerichtet zu einer Würfeluhr. Das Design stammt erstaunlicherweise aus dem Jahr 1907, denn es wirkt völlig zeitgemäß.

Sieht man genauer hin, so kann man auf der unteren Hälfte des Ziffernblatts den Namenszug der Firma Schauer lesen, eines Traditionsunternehmens, das bereits seit 1830 Uhren produzierte. Und oberhalb des Wien-Logos findet sich in Rot die Aufschrift "Normalzeit".

Würfeluhr

(c) Technisches Museum Wien

Es bedeutete eine große Herausforderung, alle Uhren im Wiener Stadtraum auch tatsächlich sekundengenau zu synchronisieren. 1960 verwendete man dazu noch Feuerwehrleitungen, denn die erste funkgesteuerte Würfeluhr wurde erst 1971 Am Heumarkt in Betrieb genommen. Davor war noch lange, ja bis in die Zwischenkriegszeit hinein von der "Wiener Uhrenmisere" die Rede gewesen.

Um 1960 zeigten die Würfeluhren aber nicht nur alle dieselbe Zeit an, sie breiteten sich auch zusehends über den Wiener Stadtraum aus. Hatte es zu Kriegsende keine einzige funktionierende öffentliche Uhr mehr gegeben, begann jetzt eine intensive Ausbauphase, die bis zu einem Höchststand von 78 Würfeluhren im Jahr 1980 führte - eine Entwicklung, die Zeichen war für eine neue Ära.

Man sah jetzt häufiger auf die Uhr, die Ungeduld nahm zu und damit der Wunsch, Abläufe zu beschleunigen. Im Verkehr spielte das Flugzeug eine immer bedeutendere Rolle und so wurde im Juni 1960 der neue Flughafen Wien eröffnet. Und sogar das Wiener Kaffeehaus, die Bastion der Wiener Gemütlichkeit, hat in der Nachkriegszeit Konkurrenz bekommen: Allerorts sperrten Espressos auf, in denen man seinen Kaffee unter den drohenden Zeigern der Würfeluhr im Stehen trank.