Carinthischer Sommer mit Nazi-Vergangenheit

Helmut Wobisch hat 1969 den Carinthischen Sommer mitbegründet und war bis zu seinem Tod 1980 hoch gelobter Intendant des Festivals. Helmut Wobisch trat 1933 der damals illegalen NSDAP bei; nach dem "Anschluss" wirkte der philharmonische Trompeter als Gestapo-Spitzel. Das führte 1945 zu einer fünfjährigen Zwangspause.

Aber schon 1954 wählte ihn das Orchester zum Geschäftsführer, obwohl sein nationalsozialistisches Engagement immer bekannt war. Und offenbar war Wobisch jener geheime Emissär, der dem Kriegsverbrecher Baldur von Schirach nach dessen Haftentlassung den Ehrenring der Wiener Philharmoniker überbrachte.

Kulturjournal, 11.03.2013

Für diesen aufrechten Altnazi hat der Carinthische Sommer auch noch im Vorjahr die Tradition der Helmut Wobisch-Gedächtniskonzerte fortgesetzt. Der Intendant des Carinthischen Sommers, Thomas Daniel Schlee, nimmt am Telefon zu Wobischs NS-Vergangenheit Stellung:

"All diese Dinge sind mir nicht neu, schon mein Vater hat ganz eindeutige Sachen von Wobisch in der Nazizeit erlebt, und ich weiß davon, seit ich ein Kind bin. Aber ich habe ein großartiges Festival von Wobisch übernommen und versuche, es in dem künstlerischen Sinne von Wobisch weiterzuführen."

Im Übrigen habe nicht er die Helmut-Wobisch-Gedächtniskonzerte erfunden, sondern seine Vorgängerin Gerda Fröhlich, ehemals Assistentin von Wobisch. "Ob es weiter geführt wird, so ein Konzert, das entscheide nicht ich, sondern der Vereinsvorstand. Und wir haben Ende dieser Woche eine Vereinsvorstandssitzung, bei der das sicherlich thematisiert werden wird", so Schlee. Man darf gespannt sein.

Die Vorstandsvorsitzende des Carinthischen Sommers, Walpurga Litschauer, signalisiert: "Ein hundertster Geburtstag, der absolut zu Recht für die Funktion von Wobisch als Festivalgründer abzuhalten war, könnte ja unter Umständen auch ein gewisser Schlusspunkt sein. Andererseits steh' ich absolut dazu, dass man die Persönlichkeit Wobischs, ohne die es den Carinthischen Sommer in Kärnten damals sicher nicht gegeben hätte, dass man diese Persönlichkeit auch entsprechend gewürdigt hat."

Wie immer man zu dieser Ambivalenz oder diesem Dilemma stehen mag: Es wäre ein symbolisch wichtiger erster Schritt, es zumindest auf der Website des Carinthischen Sommers darzustellen. Bis jetzt schweigt sich die Website nämlich darüber aus.