"Fidelio" im Theater an der Wien

Im Theater an der Wien fand die Premiere einer Neuinszenierung von Beethovens "Fidelio" statt. Zum ersten mal in seinem Leben inszenierte Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger eine Oper. Das Bühnenbild ist das letzte, das Rolf Langenfass vor seinem Tod noch entworfen hatte, und am Pult seines Concentus Musicus stand Nikolaus Harnoncourt.

Morgenjournal, 18.3.2013

Dass man sich von traditionellen Hörgewohnheiten verabschieden sollte, das wissen wohl alle, die eine von Nikolaus Harnoncourt geleitete Aufführung besuche - sicherlich auch das Premierenpublikum im Theater an der Wien.

Nikolaus Harnoncourt hatte schon im Vorfeld der Premiere angekündigt, mit der sogenannten Tradition aufzuräumen - nicht zuletzt durch den Concentus Musicus, dessen Mitglieder ja auf alten so genannten Originalinstrumenten spielen, was ein ganz neues Hörerlebnis verspricht.
So saß man also im Zuschauerraum und versuchte zu vergessen, was man bislang gehört hatte, um sich dem neuen "alten" vorbehaltlos zu öffnen

Was man hörte, war in der Tat erstaunlich. Da gab es an allen Ecken und Enden neue Tempi. Leichtes wurde schwer und langsam genommen,fast bedrohlich, die gewohnten Fortissimo-Stellen wurden von den Sängern gehaucht oder gezischt, womit auch schon der zweite Punkt angesprochen ist: Die Sänger. Eine bewusst leichte Besetzung hatte Nikolaus Harnoncourt ausgewählt. Mit Juliane Banse als leichtgewichtige Leonore, Martin Gantner, den man als Pizarro teilweise auch schlecht hörte wenn er forte sang, Lars Woldt, der den Rocco charakterisierte, Michael Schade als Florestan und Anna Prohaska sowie Johannes Chum, die auch in einer an anderen Opernhäusern gewohnt dramatisch besetzten Sängerriege als Marzelline und Jaquino mithalten könnten.

Ob Beethoven das wirklich gewollt hat? Nikolaus Harnoncourt wird es wissen.

Inszeniert hatte erstmals Herbert Föttinger. Auf einer sehr geschickt angelegten Drehbühne hält er das Geschehen ohne quälende Umbaupausen am Laufen, zeigt zu Beginn sechs nackte ,gedemütigte Gefangene, lässt "Fidelio" in einem nüchtern in grau gehaltenen Gefangenenlager spielen. Die Uniformen von Rocco und Co erinnern an DDR-Uniformen ohne Abzeichen. Auch wenn etliches unlogisch erscheint, ist es wohltuend, wieviel Wert auf Personenregie und Mimik gelegt wurde.

Dass für das Finale Choristen und Solisten in Anzug und kleinem Schwarzen auf die mit Notenpulten bestückte Bühne kommen und das Finale konzertant - losgelöst von der vorangegangenen Handlung - singen, ist nicht neu aber gut. Dass der Minister die Freiheit als kleiner Beethovenverschnitt mit erhobenem Zeigefinger bringt, ist vielleicht ein entbehrlicher Gag.

Und das Publikum?

Während der Vorstellung und am Ende des ersten Aktes zeigte es sich wenig enthusiastisch. Nach einem kurzen Höflichkeitsapplaus ging es in die Pause. Am Ende der Vorstellung gab es heftigen, wenn auch kurzen Applaus: Nikolaus Harnoncourt wurde gefeiert, jeder der Sänger bekam seine Bravos, Regisseur Herbert Föttinger auch etliche Buhs. Anscheinend muss das so sein.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Theater an der Wien ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Theater an der Wien - Fidelio

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