Israel: Neue Regierung angelobt

In Jerusalem ist gestern Abend eine neue Regierung unter Benjamin Netanjahu angelobt worden. Der Chef des konservativen Likud hatte die volle Sechs-Wochen-Frist gebraucht, um das komplizierte Ergebnis der Wahlen im Jänner in eine nicht sehr harmonische Viererkoalition aus rechten und Zentrumsparteien umzusetzen.

Morgenjournal, 19.3.2013

Kein Dream Team

So richtige festliche Aufbruchsstimmung, wie sie bei der Angelobung einer neuen Regierung üblich ist, wollte gestern Abend im Parlament in Jerusalem nicht aufkommen. Das lag wohl daran, dass Benjamin Netanjahu keineswegs seine Traummannschaft zusammenbekommen hat – bissige israelische Kommentatoren sprachen sogar von einer Alptraummannschaft, die dem alten und neuen Premier das Regieren ebenso so sauer machen wird wie die Koalitionsverhandlungen. Gute Partnerschaft sei jetzt nötig, appellierte der Chef in seiner Antrittsrede, um den Herausforderungen der Wirtschaft und den Bedrohungen von außen zu begegnen. "Der Iran setzt seine Anstrengungen zur Produktion einer Atombombe fort. Ich habe eine Rote Linie aufgezeigt, der Iran hat sie noch nicht erreicht, aber er nähert sich dieser Roten Linie, er darf sie nicht überschreiten."

Zugleich wiederholte Netanjahu den Aufruf an die Palästinenser, zum Verhandlungstisch zurückzukehren: "Die neue israelische Regierung streckt unseren palästinensischen Nachbarn die Hand zum Frieden entgegen. Gegenüber einem palästinensischen Partner, der ehrlich verhandeln will, wird Israel zu einem historischen Kompromiss bereit sein, der den Konflikt mit den Palästinensern für immer beenden wird."

Achse der Blitzaufsteiger

Tatsächlich hat Netanjahu seine liberale Koalitionspartnerin Zipi Livni ausdrücklich zur Verantwortlichen für Gespräche mit den Palästinensern ernannt. Viel Einfluss in der Regierung hat aber auch der national-religiöse Naftali Bennett, der umgekehrt gegen Gespräche und gegen Zugeständnisse an die Palästinenser ist. Bennett hat mit einem anderen Blitzaufsteiger eine Achse gebildet, mit dem Ex-Journalisten Jair Lapid, der mit seiner neuen Zentrumspartei zur zweitstärksten Kraft im Land geworden ist. Gemeinsam haben sie zum Unmut Netanjahus die Strengreligiösen in die Opposition gedrängt. Und man kann wohl sagen, dass die Symbolfigur der neuen Regierung nicht Netanjahu ist, sondern der 49-jährige Lapid. Er ist eines der vielen frischen Gesichter in der israelischen Politik, er ist populär und er kann dem Premier seinen Willen aufzwingen, aber er ist, ohne Erfahrung und ohne Fachqualifikation, seit gestern Nacht Finanzminister - ein Posten, auf dem man schnell unpopulär wird.

Obama kommt

Heute bleibt gerade noch ein Tag Zeit für die Amtsübergabe in den Ministerien, denn schon morgen muss alles bereit sein für den lang ersehnten Besuch von Barack Obama. Der US-Präsident wird wohl unter Anderem herausfinden wollen, wie Israels neue Regierung tickt, aber dafür kommt er jetzt anscheinend eine Spur zu früh.

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